Überblick
Unternehmen, die sich an einem Vergabeverfahren beteiligen wollen, reichen bei dem Auftraggeber Unterlagen ein. Diese prüft und bewertet der Auftraggeber, um dasjenige Unternehmen zu ermitteln, das den Zuschlag für die Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags erhalten soll.
Zur Form und zum Umgang mit den Unterlagen der Unternehmen aber auch zu deren Prüfung gibt gesetzliche Regelungen. Diese betreffen verschiedene Arten von Unterlagen, die in einem Vergabeverfahren eingereicht werden können: Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote.
Interessensbekundungen sind Mitteilungen, in denen Unternehmen ihr Interesse an der Teilnahme an einem Vergabeverfahren nach Aufforderung durch den Auftraggeber im Rahmen der Veröffentlichung einer Vorinformation bekunden können (vgl. 2.3. Veröffentlichung).
Mit dem Teilnahmeantrag oder mit der Interessensbestätigung (im Falle einer vorangegangen Vorabinformation) übermitteln die Unternehmen die vom Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung (vgl. 2.4. Eignung). Unternehmen, die einen Teilnahmeantrag/eine Interessensbestätigung eingereicht haben, sind Bewerber im Vergabeverfahren.
Die Bewerber haben nach erfolgreichem Abschluss des Teilnahmewettbewerbs die Möglichkeit, Angebote für die ausgeschriebene Leistung einzureichen. Mit der Einreichung eines Angebots werden Unternehmen dann zu Bietern.
Das Vergaberecht enthält nicht nur Vorschriften zu den Anforderungen an die einzureichenden Unterlagen und deren entsprechender Prüfung, sondern auch zur Bewertung der Angebote. Durch die Wertung wird das wirtschaftlichste Angebot ermittelt, auf das dann der Zuschlag erteilt wird. Durch die Erteilung des Zuschlags / Annahme des wirtschaftlichsten Angebots wird das Vergabeverfahren beendet. Soll das Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung enden, wird es aufgehoben.
Bei der Einreichung von Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote müssen die Unternehmen verschiedene Anforderungen an die Form der Unterlagen selbst sowie die Übermittlungsform zu erfüllen. Diese sind zum Teil gesetzlich vorgegeben, teilweise müssen sie aber auch vom Auftraggeber festgelegt werden. Abhängig davon, welche Übermittlungsform der Auftraggeber bestimmt hat, haben die Unternehmen bei der Einreichung verschiedene Vorschriften zu beachten.
Festlegung der Übermittlungsform
Der Auftraggeber legt fest, in welcher Form die Unternehmen ihre Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote zu übermitteln haben. An diese Festlegung sind er selbst und die Unternehmen gebunden. Gleiches gilt für die Festlegung des Sicherheitsniveaus unter Berücksichtigung der zu übermittelnden Informationen.
Einreichung mit elektronischen Mitteln. Die Unternehmen haben ihre Unterlagen (Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote) in Textform nach § 126b BGB mithilfe elektronischer Mittel einzureichen (vgl. 1.3. Kommunikation, E-Vergabe). Der Auftraggeber ist daher auch verpflichtet, die Einreichung der Unterlagen mittels elektronischer Mittel zu verlangen. Die Einreichung mithilfe elektronischer Mittel ist in der Aufforderung zur Angebotsabgabe festzuschreiben (vgl. 2.2. Vorbereitung und Vergabeunterlagen).
Rechtsvorschriften
Einreichung während der Übergangsphase. Es gibt Vergabemethoden, für welche die Verwendung elektronischer Mittel bereits ab Inkrafttreten des neuen Vergaberechts verbindlich vorgeschrieben ist (wie z.B. bei der Beschaffung im Rahmen dynamischer Beschaffungssysteme, bei elektronischen Auktionen und bei Angeboten in Form eines elektronischen Katalogs). Für alle anderen Vergaben gilt eine Übergangsfrist hinsichtlich des Einsatzes elektronischer Mittel. Zentrale Beschaffungsstellen können bis zum 18. April 2017, andere Auftraggeber bis zum 18. Oktober 2018 die Übermittlung der Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote auch auf dem Postweg, einem anderen geeigneten Weg, Fax oder durch die Kombination dieser Mittel festlegen. Dies gilt grundsätzlich auch für die sonstige Kommunikation im Vergabeverfahren.
Interessensbekundungen sind in den Übergangsbestimmungen zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Da an Interessensbekundungen in formeller Hinsicht aber weniger strenge Anforderungen zu stellen sind, ist diese als sonstige Kommunikation zu qualifizieren und daher ebenfalls von der Übergansfrist erfasst.
Technisch bedingte Ausnahmen von der elektronischen Einreichung. Von der grundsätzlichen Verpflichtung, die Einreichung von Angeboten mithilfe elektronischer Mittel zu verlangen, sind mehrere Ausnahmetatbestände normiert. Die Einreichung der Angebote mithilfe elektronischer Mittel muss nicht vorgeschrieben werden, wenn:
- die erforderlichen elektronischen Mittel zur Einreichung der Angebote aufgrund der besonderen Art der Auftragsvergabe nicht mit allgemein verfügbaren oder verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sind,
- die erforderlichen elektronischen Mittel zur Einreichung der Angebote Dateiformate zur Beschreibung der Angebote verwenden, die nicht mit allgemein verfügbaren oder verbreiteten Programmen verarbeitet werden können oder die durch andere als kostenlose und allgemein verfügbare Lizenzen geschützt sind,
- die erforderlichen elektronischen Mittel zur Einreichung der Angebote die Verwendung von Bürogeräten voraussetzen, die dem Auftraggeber nicht allgemein zur Verfügung stehen (davon sind beispielsweise Großformatdrucker oder so genannte Plotter umfasst), oder
- wenn zugleich physische oder maßstabsgetreue Modelle einzureichen sind, die nicht elektronisch übermittelt werden können.
In diesen Fällen erfolgt die Kommunikation auf dem Postweg oder auf einem anderen geeigneten Weg, zum Beispiel per Telefax oder Direkteinreichung, oder in Kombination von postalischem oder einem anderen geeigneten Weg und Verwendung elektronischer Mittel. Diese Ausnahmeregelung gilt nur für Angebote, nicht für Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen und Teilnahmeanträge. Sofern Angebotsbestandteile oder Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel eingereicht werden sollen, müssen die Auftraggeber die Gründe dafür im Vergabevermerk dokumentieren (vgl. 1.3.8. Ausnahmen).
Rechtsvorschriften
Elektronische Signatur bei erhöhten Sicherheitsanforderungen. Wenn die mit den Unterlagen zu übermittelnden Daten erhöhte Anforderungen an die Sicherheit stellen, kann der Auftraggeber verlangen, dass Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 2 SigG (Signaturgesetz) zu versehen sind (vgl. 1.3.6. Übermittlung Teilnahmeanträge, Angebote).
Rechtsvorschriften
Ausnahme von der elektronischen Einreichung bei besonders schutzwürdigen Daten. In Ausnahmefällen kann der Auftraggeber die Einreichung von Angeboten oder Angebotsbestandteilen mittels anderer als elektronischer Mittel verlangen. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn Angebote besonders schutzwürdige Daten enthalten, die bei Verwendung allgemein verfügbarer oder alternativer elektronischer Mittel nicht angemessen geschützt werden können oder wenn die Sicherheit der elektronischen Mittel selbst nicht gewährleistet werden kann. Auch diese Ausnahmeregelung gilt nur für Angebote, nicht für Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen und Teilnahmeanträge. Die Unternehmen dürfen nur für diejenigen Angebotsbestandteile auf die Verwendung elektronischer Mittel verzichten, für die der Auftraggeber eine Einreichung ohne elektronische Mittel verlangt hat. Im Vergabevermerk sind vom Auftraggeber die Gründe anzugeben, warum er die Einreichung der Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel für erforderlich hält.
Rechtsvorschriften
Allgemein einzuhaltende Formerfordernisse
Unabhängig von der konkret einzuhaltenden Übermittlungsart gilt Folgendes: Unternehmen müssen gewisse Formerfordernisse im Zusammenhang mit der Übermittlung beachten, um formgerechte und damit wertbare Unterlagen einreichen zu können. Gehen die Unterlagen nicht formgerecht ein, müssen sie von der Wertung ausgeschlossen werden (vgl. 2.5.4. Ausschluss). Je nach Übermittlungsart variieren diese Formerfordernisse. Die Übermittlungsart bestimmt der Auftraggeber.
Einreichung auf dem Postweg / direkte Einreichung
Hat der Auftraggeber diese Einreichungsform festgelegt, gilt Folgendes: Die Unterlagen, insbesondere die Angebote müssen unterschrieben sein. Sie sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen (Kennzettel).
Rechtsvorschriften
Übermittlung mithilfe elektronischer Mittel
Hat der Auftraggeber diese Übermittlungsform festgelegt, gilt Folgendes: Der Auftraggeber legt fest, mit welchen elektronischen Mitteln die Unterlagen einzureichen sind. Diese müssen die Unternehmen zur Übermittlung verwenden, um die Unterlagen formgerecht zu übermitteln.
Die elektronischen Mittel müssen verschiedenen Anforderungen genügen. Sie müssen gewährleisten, dass
- die Uhrzeit und der Tag des Datenempfangs genau zu bestimmen sind,
- kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist,
- der Termin für den erstmaligen Zugriff auf die empfangenen Daten nur von den Berechtigten festgelegt oder geändert werden kann,
- nur die Berechtigten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben haben,
- nur die Berechtigten nach demf estgesetzten Zeitpunkt Dritten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben einräumen dürfen,
- empfangene Daten nicht an Unberechtigte übermittelt werden und
- Verstöße oder versuchte Verstöße gegen die Anforderungen gemäß den Nummern 1 bis 6 eindeutig festgestellt werden können.
Da der Auftraggeber selbst die elektronischen Mittel festlegt, liegt es in seiner Verantwortung dafür zu sorgen, dass die elektronischen Mittel die genannten Anforderungen erfüllen. Hat der Auftraggeber elektronische Mittel zum Empfang der Unterlagen bestimmt, die diese Anforderungen nicht erfüllen und reicht ein Unternehmen aufgrund dessen seine Unterlagen nicht formgerecht ein, so ist dies ein Formfehler, den das Unternehmen nicht zu vertreten hat (vgl. 1.3. Kommunikation, E-Vergabe).
Rechtsvorschriften
Einreichung mittels Mantelbogenverfahren
Hat der Auftraggeber diese Einreichungsform festgelegt, gilt Folgendes: Als Mantelbogenverfahren wird elektronische Abgabe von Unterlagen in Verbindung mit einem handschriftlich unterzeichneten Formular, dem Mantelbogen, bezeichnet. Die Unterlagen werden dem Auftraggeber hier elektronisch übermittelt. Der Mantelbogen wird mit einer Prüfziffer versehen, ausgedruckt und von dem einreichenden Unternehmen unterschrieben an den Auftraggeber gesandt. Der Auftraggeber kann dann mittels der Prüfziffer die elektronisch eingereichten Unterlagen zur Unterschrift eines bestimmten Unternehmens zuordnen.
Bei der Einreichung von Unterlagen mithilfe des Mantelbogenverfahrens gelten dieselben Anforderungen wie bei der Übermittlung auf dem Postweg. Der Mantelbogen muss handschriftlich unterschrieben sein und in einem verschlossenen und entsprechend gekennzeichneten Umschlag eingereicht werden (vgl. 2.5.2. Prüfung).
Kennzeichnung und Aufbewahrung der Unterlagen
Der Auftraggeber hat in der Bekanntmachung des zu vergebenden Auftrags oder in den entsprechenden Vergabeunterlagen eine Frist festzusetzen, bis zu der die geforderten Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge oder Angebote einzureichen sind (vgl. 2.2. Vorbereitung und Vergabeunterlagen, 2.3. Veröffentlichung). Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote, die vor Ablauf dieser Einreichungsfrist beim Auftraggeber eingehen, sind als solche zu kennzeichnen und bis zum Ablauf der Frist unter Verschluss zu halten. Bei der Kennzeichnung sind die Unterlagen mit einem Eingangsvermerk zu versehen, der auch das Datum und die Uhrzeit des Eingangs enthält.
Je nachdem, auf welche Art die Unterlagen übermittelt wurden – elektronisch, postalisch, per Telefax oder per Mantelbogen – unterscheidet sich die Art und Weise der Kennzeichnung und Aufbewahrung dieser Unterlagen.
Auf dem Postweg und direkt übermittelte Unterlagen sind ungeöffnet zu lassen, mit Eingangsvermerk zu versehen und bis zum Zeitpunkt der Öffnung unter Verschluss zu halten.
Elektronisch übermittelte Unterlagen sind auf geeignete Weise zu kennzeichnen und verschlüsselt zu speichern. Die Unterlagen sind mit einem elektronischen Eingangsvermerk zu versehen. Dabei sind auch Eingangsdatum und -uhrzeit zu vermerken. Dies sollte mithilfe der verwendeten elektronischen Mittel auch ohne Weiteres möglich sein. Aus den allgemeinen Anforderungen an die elektronischen Mittel, die von dem Auftraggeber für den Empfang der Unterlagen verwendet werden, geht hervor, dass gewährleistet sein muss, dass die Uhrzeit und der Tag des Datenempfangs genau zu bestimmen sind. Die Unterlagen sind dann in einer gesondert für das jeweilige Vergabeverfahren eingerichteten Datei zu speichern. Die Verwendung von elektronischen Mitteln erleichtert es, die Unterlagen bis zur Öffnung unter Verschluss zu halten. Elektronische Mittel müssen nach den gesetzlich definierten Anforderungen gewährleisten, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist (vgl. 1.3.6. Übermittlung Teilnahmeanträge, Angebote).
Mittels Telefax übermittelte Unterlagen sind ebenfalls entsprechend zu kennzeichnen und auf geeignete Weise unter Verschluss zu halten. Das Problem, die Unterlagen bei einer Übermittlung per Fax unter Verschluss zu halten, kann unterschiedlich gelöst werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Empfangsgerät selbst beim Auftraggeber so zu konstruieren und zu programmieren, dass erst nach Ablauf der Einreichungsfrist Einsicht in die Unterlagen genommen werden kann. Hier erübrigt sich die Pflicht die Unterlagen entsprechend zu kennzeichnen, da ein Zugang zu den Unterlagen vor Ablauf der Frist und damit die Möglichkeit, diese zu kenzeichnen, nicht gegeben ist. Datum und Uhrzeit des Eingangs werden in der Regel sowieso automatisch durch das Faxgerät auf den Dokumenten vermerkt. Wichtig ist, dass das Empfangsgerät beim Auftraggeber dazu hinsichtlich Datum und Uhrzeit korrekt programmiert ist. Eine andere Möglichkeit eingereichte Unterlagen bis zum Ende der Frist unter Verschluss zu halten ist, den Zugang zum Faxgerät auf einen bestimmten Personenkreis zu beschränken, der die dadurch übermittelten Unterlagen zwar erhält, jedoch von deren Inhalt nicht näher Kenntnis nimmt und bezüglich des Inhaltes bis zum Ende der Einreichungsfrist auch keine Informationen weitergibt.
Mit Unterlagen, die mithilfe des Mantelbogenverfahrens übermittelt werden, ist zunächst genauso wie mit den auf dem Postweg eingereichten Unterlagen zu verfahren. Die Unterlagen werden hier dem Auftraggeber elektronisch übermittelt. Der Mantelbogen wird mit einer Prüfziffer versehen, ausgedruckt und von dem einreichenden Unternehmen unterschrieben an den Auftraggeber gesandt. Der so übermittelte Mantelbogen ist vom Auftraggeber ungeöffnet zu lassen, mit einem Eingangsvermerk zu versehen und bis zum Zeitpunkt der Öffnung unter Verschluss zu halten.
Der Auftraggeber darf vom Inhalt der übermittelten Angebote, Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen erst nach Ablauf der für den Eingang der entsprechenden Unterlagen gesetzten Frist Kenntnis nehmen. Dadurch sollen insbesondere die Vertraulichkeit und der Geheimwettbewerb gewährleistet werden. Das Verbot der vorfristigen Kenntnisnahme gilt nicht im Hinblick auf übermittelte Interessensbekundungen, da diese bis auf die Mitteilung des Interesses an dem Vergabeverfahren keine weiteren Angaben oder Unterlagen enthalten.
Hat ein Unternehmen vor Ablauf der Einreichungsfrist die geforderten Unterlagen bereits übermittelt, kann es die darin enthaltenen Erklärungen noch bis zum Fristablauf widerrufen bzw. verändern. So können zum Beispiel Angebote vor Fristablauf noch zurückgenommen werden.
Rechtsvorschriften
Öffnung
Nach Ablauf der Einreichungsfrist werden die eingereichten Unterlagen durch den Auftraggeber geöffnet. Wie die Öffnung der Unterlagen zu erfolgen hat, richtet sich nach der Methode, mit der die Unterlagen übermittelt wurden.
Bei postalisch oder direkt übermittelten Unterlagen ist zu prüfen, ob der Umschlag, in dem sich die Unterlagen befinden, verschlossen ist und ob die Unterlagen unversehrt sind. Dann wird der Umschlag geöffnet.
Elektronisch übermittelte Unterlagen werden durch Anklicken und Entschlüsseln geöffnet. Zu überprüfen ist hier, ob die Unterlagen bei Eingang verschlüsselt waren. Laut den Anforderungen an die elektronischen Mittel, die Auftraggeber für den Empfang der Unterlagen verwendet, muss schon durch die elektronischen Mittel selbst gewährleistet sein, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist.
Wurden Unterlagen mithilfe des Mantelbogenverfahrens eingereicht, ist – wie bei postalischem Eingang – zu prüfen, ob der Mantelbogen sich in einem verschlossenen Umschlag befindet und unversehrt ist. Nach der Öffnung des Umschlags kann der Auftraggeber dann mittels der Prüfziffer die elektronisch eingereichten Unterlagen zur Unterschrift eines bestimmten Unternehmens zuordnen und diese Unterlagen elektronisch abrufen.
Sind die eingereichten Unterlagen nicht unversehrt bzw. nicht verschlossen oder verschlüsselt sollte dies vom Auftraggeber dokumentiert werden. Dies kann möglicherweise einen Ausschluss der Unterlagen nach sich ziehen (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Dabei ist die Vorgehensweise für die Öffnung von Angeboten besonders geregelt. Die Angebote werden an einem Termin unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist geöffnet. Mindestens zwei Vertreter des Auftraggebers haben die Öffnung gemeinsam durchzuführen. Dieses Vier-Augen-Prinzip dient der Sicherung eines fairen und transparenten Vergabeverfahrens. Das Vier-Augen-Prinzip ist lediglich für Öffnung der Angebote vorgeschrieben, nicht jedoch für die Öffnung von Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen.
Die Angebotsöffnung ist durch den Auftraggeber zu dokumentieren. Diese Dokumentation hat in Textform nach § 126b BGB zu erfolgen. Dies ergibt sich aus den Dokumentationsvorschriften. Danach ist auch die Öffnung von Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen in Textform zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht ist Ausfluss des Transparenzgrundsatzes. Sie dient dazu, die Entscheidungen des Auftraggebers nachvollziehen und rechtlich prüfen zu können.
Zur Dokumentation ist ein Öffnungsprotokoll anzufertigen, das die wesentlichen Angaben der Angebote enthält, wie die Namen der Bieter und die Endpreise der Angebote.
Grundsätzlich ist die Angebotsöffnung ein interner Vorgang des Auftraggebers. Die Anwesenheit der Bieter ist dabei nicht zugelassen. Dies trägt dem Prinzip des Geheimwettbewerbs Rechnung.
Rechtsvorschriften
Im Bereich der Vergabe von Bauleistungen findet unverzüglich nach Angebotseingang ein Öffnungstermin statt. Einen Submissionstermin, das heißt einen Eröffnungstermin, in dem die Bieter und ihre Bevollmächtigten zugegen sein dürfen und die Angebote verlesen werden, gibt es im Gelzungsbereich der VOB/A (EU) nicht.
Für den Öffnungstermin ist ein Verhandlungsleiter festzulegen. Dieser stellt im Termin fest, ob der Verschluss der schriftlichen Angebote unversehrt ist bzw. ob die elektronischen Angebote verschlüsselt sind. Anschließend werden die Angebote geöffnet und in allen wesentlichen Teilen gekennzeichnet. Wesentlich sind vor allem diejenigen Teile, in denen sich Preisangaben oder preisrelevante Informationen befinden. Muster und Proben, welche die Bieter mit dem Angebot einreichen wollen, müssen bereits im Öffnungstermin zur Stelle sein.
Niederschrift. Über den Öffnungstermin ist eine Niederschrift zu fertigen, der eine Aufstellung mit folgenden Angaben beizufügen ist:
- Name und Anschrift des Bieters,
- die Endbeträge der Angebote oder einzelner Lose,
- Preisnachlässe ohne Bedingungen und
- Anzahl der jeweiligen Nebenangebote.
Die Niederschrift ist in Schriftform oder in elektronischer Form zu fertigen. Die schriftliche Niederschrift ist von den beiden Vertretern des Auftraggebers, welche die Angebotsöffnung durchführen, zu unterschreiben. Die elektronische Niederschrift ist mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur oder einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 2 SigG (Signaturgesetz) zu versehen.
Verspätete Angebote. Verspätete Angebote sind in der Niederschrift oder in einem Nachtrag gesondert aufzuführen. Die Eingangszeiten und die etwa bekannten Gründe, aus denen die Angebote nicht vorgelegen haben, sind zu vermerken. Der Umschlag und andere Beweismittel sind aufzubewahren.
Verspätet ist ein Angebot nach der VOB/A (EU) dann, wenn es nach Ablauf der der Angebotsfrist nicht vorgelegen hat. Angebote, die nach Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegen haben, sind grundsätzlich auszuschließen (vgl. 2.5.4. Ausschluss). Davon ausgenommen sind allerdings Angebote, die dem Auftraggeber nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist zugegangen waren, aber aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen haben. Diese sind wie rechtzeitig vorliegende Angebote zu behandeln.
In diesem Fall ist der Bieter über den Sachverhalt unverzüglich in Textform zu informieren. In diese Mitteilung sind die Feststellung, dass bei schriftlichen Angeboten der Verschluss unversehrt war bzw. bei elektronischen Angeboten diese verschlüsselt waren und die Angaben folgenden, bereits oben genannten Angaben aufzunehmen:
- Name und Anschrift des Bieters,
- die Endbeträge der Angebote oder einzelner Lose,
- Preisnachlässe ohne Bedingungen und
- Anzahl der jeweiligen Nebenangebote.
Anschließend ist das Angebot mit all diesen Angaben in die Niederschrift oder einen Nachtrag aufzunehmen.
Informationen an die Bieter. Die in die Niederschrift aufgenommenen Informationen
- Name und Anschrift des Bieters,
- die Endbeträge der Angebote oder einzelner Lose,
- Preisnachlässe ohne Bedingungen und
- Anzahl der jeweiligen Nebenangebote
stellt der Auftraggeber den Bietern im offenen und nicht offenen Verfahren unverzüglich elektronisch zur Verfügung. Den Bietern ist Einsicht in die Niederschrift und ihre Nachträge zu gestatten.
Die Niederschrift darf jedoch nicht veröffentlicht werden. Die Angebote und ihre Anlagen sind sorgfältig zu verwahren und geheim zu halten.
Bei dem Verhandlungsverfahren, dem wettbewerblichen Dialog und der Innovationspartnerschaft werden den Bietern aus Gründen des Geheimwettbewerbs die in der Niederschrift enthaltenen Informationen nicht zur Verfügung gestellt und sie erhalten auch keine Einsicht in die Niederschrift. Es würde Verhandlungen mit den Bietern wesentlich erschweren, wenn sie die preislichen Angebote der anderen Bieter kennen würden, und die Gefahr wettbewerbsbeschränkender Abreden würde erhöht.
Die VgV und die VOB/A (EU) sehen für die Aufbewahrung und Öffnung der Angebote besondere Regelungen vor, während in der SektVO keine entsprechende Vorschrift zur Angebotsöffnung normiert ist. Aus den allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien der Vertraulichkeit, des Geheimwettbewerbs und der Transparenz dürfte jedoch folgen, dass auch für Angebotsöffnungen im Geltungsbereich der SektVO das Verbot der vorzeitigen Kenntnisnahme und das Vier-Augenprinzip sowie eine entsprechende Dokumentationsverpflichtung gelten. Auch in der SektVO selbst wird davon ausgegangen, dass die Öffnung von Teilnahmeanträgen und Angeboten dokumentiert wird: „Die Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote einschließlich ihrer Anlagen sowie die Dokumentation über Öffnung und Wertung der Teilnahmeanträge und Angebote sind auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln.
Rechtsvorschriften
Die eingegangenen Unterlagen werden nach der Öffnung durch den Auftraggeber zunächst auf die Einhaltung der formellen Anforderungen geprüft. Dabei sind die formelle sowie die fachliche Richtigkeit der Unterlagen zu prüfen. Die Prüfung dient der Vorbereitung der Wertung und ist notwendige Voraussetzung für eine mögliche Nachforderung von Unterlagen durch den Auftraggeber. In einem offenen Verfahren erfolgt nach der formellen Prüfung die Eignungsprüfung. Unterlagen, welche die formellen Anforderungen nicht erfüllen, brauchen vom Auftraggeber nicht weiter geprüft zu werden.
Rechtzeitigkeit
Desweiteren ist zu prüfen, ob die Unterlagen fristgerecht eingegangen sind. Unterlagen, die verspätet eingegangen sind, werden grundsätzlich von der Wertung im weiteren Verfahren ausgeschlossen; es sei denn der Bewerber / Bieter hatte die Verspätung nicht zu vertreten (vgl. 2.5.4. Ausschluss). Daher muss bei nicht fristgerecht eingegangen Unterlagen der Grund der Verspätung geklärt werden, ggf. bedarf es dann der Aufklärung (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung).
Form
Im Rahmen der formellen Prüfung ist zunächst zu kontrollieren, ob die Unterlagen formgerecht eingegangen sind. Die Unterlagen müssen gewissen Formerfordernissen genügen, um bei der Wertung berücksichtigt werden zu können. Alle Unterlagen sind von den Unternehmen in Textform nach § 126b BGB zu übermitteln.
Die Unterlagen sind mithilfe der vom Auftraggeber festgelegten Mittel einzureichen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um elektronische Mittel; in Ausnahmefällen kann der Auftraggeber jedoch verlangen, dass Unterlagen auf dem Postweg oder mithilfe anderer nicht-elektronischer Mittel, z.B. durch Telefax oder Direktübergabe, zu übermitteln sind (vgl. 2.5.1. Form, Übermittlung und Öffnung).
Je nachdem, ob die Unterlagen elektronisch, postalisch, direkt oder per Telefax einzureichen sind, ergeben sich unterschiedliche Folgen für die weiteren Formerfordernisse.
Auf dem Postweg oder direkt übermittelte Unterlagen sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen. Dies dient der Verhinderung der Kenntnisnahme des Auftraggebers vor Ablauf der Einreichungsfrist, aber auch dem Schutz davor, dass unberechtigte Dritte von dem Inhalt der Unterlagen Kenntnis nehmen können (vgl. 2.5.1. Form, Übermittlung und Öffnung). Bei elektronischer Übermittlung sind die Unterlagen entsprechend zu verschlüsseln. Dies wird nach den Regelungen der Vergabeverordnung zwar nicht ausdrücklich von dem Unternehmen, das die Unterlagen einreicht, verlangt; aus den allgemeinen Anforderungen an die elektronischen Mittel, die von dem Auftraggeber für den Empfang der Unterlagen verwendet werden, ergibt sich aber, dass gewährleistet sein muss, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist, dass der Termin für den erstmaligen Zugriff auf die empfangenen Daten nur von den Berechtigten festgelegt oder geändert werden kann und dass nur die Berechtigten Zugriff auf die Daten oder einen Teil derselben haben. Die Sicherstellung dieser Anforderungen ist nur durch die Verwendung einer Verschlüsselung denkbar. Das heißt, dass der Auftraggeber ohnehin nur elektronische Mittel verwenden darf, die eine entsprechende Verschlüsselung der einzureichenden Unterlagen gewährleisten (vgl. 1.3.6. Übermittlung Teilnahmeanträge, Angebote). Bei der Einreichung von Unterlagen per Telefax ist eine solche Verschlüsselung durch die Unternehmen natürlich nicht möglich.
Bei der Ausschreibung von Bauleistungen gibt es eine präzisere Regelung zur Verschlüsselung elektronisch übermittelter Angebote. Danach hat der Auftraggeber die Datenintegrität und Vertraulichkeit der Angebote zu gewährleisten. Bei elektronisch übermittelten Angeboten ist dies durch entsprechende technische Lösungen nach den Anforderungen des Auftraggebers und durch Verschlüsselung sicherzustellen. Die Verschlüsselung muss dann bis zur Öffnung des ersten Angebotes auch erhalten bleiben.
Rechtsvorschriften
Auch bei einem Verstoß gegen die Formvorschriften sind Unterlagen zwingend vom weiteren Verfahren auszuschließen, es sei denn, das Unternehmen hat diesen nicht zu vertreten (vgl. 2.5.4. Ausschluss). Der Sachverhalt ist ggf. entsprechend aufzuklären.
Auf dem Postweg oder direkt übermittelte Unterlagen müssen unterschrieben sein. Das heißt, die eigereichten Unterlagen müssen durch einen Vertreter des Unternehmens eigenhändig unterzeichnet sein. Bei Abgabe mittels Telefax genügt die Unterschrift auf der Telefaxvorlage. Für elektronisch übermittelte Angebote gilt im Regelfall kein entsprechendes Formerfordernis. Nur wenn der Auftraggeber es aufgrund erhöhter Anforderungen an die Sicherheit verlangt hat, müssen die eingereichten Unterlagen mit einer fortgeschrittenen oder einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein (vgl. 1.3.6. Übermittlung Teilnahmeanträge, Angebote).
Fordert der Auftraggeber eine bestimmte Signatur, sind diejenigen Unterlagen, die nicht mit dieser Signatur versehen sind, gemäß §§ 53 Abs. 3, 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV vom Verfahren bzw. von der Wertung auszuschließen. Bei der Signatur handelt es sich um ein zwingend einzuhaltendes Formerfordernis.
Die genauen Umstände des Signiervorgangs liegen in der Risikosphäre des Bieters. Gehen Unterlagen ohne die geforderte Signatur beim Auftraggeber ein, kommt es nicht darauf an, ob das betreffende Unternehmen durch eine Fehlbedienung der Bietersoftware oder aufgrund anderer Umstände nicht die geforderte Signatur erstellt hat. Die Unterlagen sind dann aufgrund mangelnder Formgültigkeit auszuschließen.
Elektronische Signaturen basieren grundsätzlich auf den drei folgenden Zertifikaten: Wurzelzertifikat (Root-Zertifikat), Zertifikat des Zertifizierungsanbieters (ZDA oder CA-Zertifikat), Inhaber- bzw. Anwenderzertifikat, das zur Signatur gehört. Ausgehend von diesem Aufbau sind für den Auftraggeber verschiedene Vorgehensweisen bei der Prüfung denkbar:
Eine qualifizierte elektronische Signatur wird nach dem sogenannten Kettenmodell geprüft. Dabei wird eine Vertrauenskette vom Inhaberzertifikat über die Zertifikate des Zertifizierungsanbieters bis zum Wurzelzertifikat geprüft. Zum Zeitpunkt der Erstellung eines Zertifikats muss dabei das jeweils übergeordnete Zertifikat gültig gewesen sein, das Inhaberzertifikat muss zum Zeitpunkt des Ausstellens der Signatur gültig gewesen sein.
Dem Kettenmodell steht das Schalenmodell als Prüfungsmethode gegenüber. Hier wird die Gültigkeit sämtlicher Zertifikate zum Zeitpunkt der Prüfung der Signatur geprüft. Das heißt, dass eine Signatur nach dieser Prüfungsmethode in dem Moment ungültig wird, in dem ein beliebiges Zertifikat – durch Sperrung oder durch Ablauf – ungültig wird. Nach dem sogenannten Hybridmodell kann für die Gültigkeit der Zertifikate auch auf den Zeitpunkt der Signaturerstellung anstatt auf den Prüfungszeitpunkt abgestellt werden.
Qualifizierte elektronische Signaturen sind nach dem Kettenmodell zu prüfen. Nach welcher Methode eine fortgeschrittene elektronische Signatur zu prüfen ist, ist nicht abschließend geklärt. Nach der VK Südbayern ist es jedoch so, dass eine Prüfung anhand des Kettenmodells erfolgen kann, wenn die fortgeschrittene Signatur im Einzelfall einer qualifizierten Signatur unter den Gesichtspunkten der Fälschungssicherheit, Datenintegrität und Personalisierung nahe kommt. Es widerspreche auch dem Gedanken, den Unternehmen die elektronische Einreichung von Angeboten zu erleichtern, wenn die Prüfung fortgeschrittener elektronischer Signaturen anhand des Schalenmodells statt des Kettenmodells erfolgen müsste.
Vollständigkeit
Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote müssen vollständig sein und alle Angaben, Erklärungen und Preise enthalten, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen gefordert hat.
Die Unternehmen haben laut der Vergabeverordnung anzugeben, ob für den Auftragsgegenstand gewerbliche Schutzrechte bestehen, beantragt sind oder erwogen werden. Der Auftraggeber muss die Angaben entsprechend bereits in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen fordern.
Bewerber- oder Bietergemeinschaften haben in der Interessensbestätigung, im Teilnahmeantrag oder im Angebot jeweils die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigen Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags zu benennen. Fehlt eine dieser Angaben, so ist sie noch vor der Zuschlagserteilung beizubringen. Fehlende Angaben zu den Mitgliedern und dem bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages sind dann noch im Vergabeverfahren, also vor Zuschlagserteilung, nachzufordern. Daraus folgt, dass der Auftraggeber eine solche Bewerber- oder Bietererklärung in den Vergabeunterlagen fordern sollte.
Der Auftraggeber kann fehlende oder unvollständige Unterlagen nachfordern. Handelt es sich dabei um unternehmensbezogene Unterlagen, kann der Auftraggeber ein Unternehmen sogar zur Korrektur fehlerhafter Unterlagen auffordern. Ob sich der Auftraggeber zur Nachforderung der Unterlagen entscheidet liegt grundsätzlich in seinem Ermessen. Die Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen für die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote ist allerdings grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung).
Desweiteren haben die Unternehmen auf Anforderung des Auftraggebers nach Ablauf der Angebotsfrist Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist einzureichen, deren Vorlage sich der Auftraggeber in der Bekanntmachung bzw. in der Aufforderung zur Interessensbestätigung oder den Vergabeunterlagen vorbehalten hat. Welche Fristlänge angemessen ist, bestimmt sich nach der für die Beschaffung der betreffenden Unterlagen voraussichtlich erforderlichen Dauer.
Im Geltungsbereich der VOB/A (EU) trifft den Auftraggeber eine generelle Nachforderungspflicht.
Rechtsvorschriften
Änderung eigener Eintragungen
Die Unternehmen dürfen an ihren Eintragungen in den Unterlagen, welche sie beim Auftraggeber einreichen wollen, grundsätzlich Änderungen vornehmen. Eintragungen können zum Beispiel die Preisangaben eines Bieters im Leistungsverzeichnis sein. Nimmt das Unternehmen in den von ihm eingereichten Unterlagen Änderungen an seinen eigenen Eintragungen vor, so müssen diese zweifelsfrei sein. Zweifelsfrei sind Änderungen insbesondere, wenn sie visuell klar erkennbar sind. Mehrdeutige Änderungen wie beispielsweise einfaches Überschreiben, unsauberes Wegradieren oder Abschaben sind unzulässig und führen zum Ausschluss der Unterlagen (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Dies soll sicherstellen, dass sich der Bieter nicht absichtlich durch mehrdeutige Änderungen an seinen Eintragungen in eine Position begibt, in der der Auftraggeber aufgrund Uneindeutigkeit der Eintragungen im Zweifel zugunsten des Bieters entscheidet oder in der er im Falle einer Aufklärung nachträglich seine Angaben selbst interpretieren kann. So soll ein ordnungsgemäßer Wettbewerb mit vergleichbaren Angeboten garantiert werden.
Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert die Verwendung dokumentenechter Schreibmittel in den Vergabeunterlagen – sowohl für die Eintragungen als auch für Änderungen an diesen Eintragungen – vorzuschreiben. Problematisch ist es insbesondere, wenn die Unternehmen Bleistifte für ihre Eintragungen verwenden. Da Bleistift radiert werden kann, ist oft nicht eindeutig feststellbar, ob Änderungen an den Eintragungen vorgenommen wurden.
Änderungen / Ergänzungen Vergabeunterlagen
Änderungen der Unternehmen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig. Solche Änderungen sind jegliche Abweichungen von den Vergabeunterlagen. Erfasst sind sowohl technische Abweichungen von der Leistung an sich, also vom Leistungsverzeichnis und / oder der Leistungsbeschreibung, als auch Abweichungen in rechtlicher Hinsicht, wie zum Beispiel Abweichungen von den Vergütungsbedingungen oder aber auch vom zeitlichen Rahmen des Auftrags. Auch das Streichen von Positionen im Leistungsverzeichnis stellt beispielsweise eine Änderung der Vergabeunterlagen dar.
Ergänzungen des Unternehmens zu den Vergabeunterlagen stellen ebenfalls Änderungen in diesem Sinne dar. Solche Ergänzungen können beispielsweise Bedingungen sein, unter welche ein Bieter sein Angebot stellt.
Hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen verbindliche Vorgaben zur Preisgestaltung gemacht, stellt auch das Abweichen von diesen Vorgaben eine Änderung der Vergabeunterlagen dar. Beispielsweise kann der Auftraggeber vorgeben, dass bei der Ermittlung eines Angebotspreises für Reinigungsdienstleistungen ein vorgegebener maximaler Leistungswert nicht überschritten werden darf. Das heißt, dass bei der Kalkulation des Angebotes davon auszugehen ist, dass ein Mitarbeiter in einer bestimmten Zeit eine Fläche von maximal x m² reinigen kann. Überschreitet der Bieter diesen Wert bei der Kalkulation, weicht er damit von den Vergabeunterlagen ab.
Änderungen der Vergabeunterlagen können auch in einem Begleitschreiben zum Angebot oder in den dem Angebot beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten sein. Auch diese sind als Bestandteil des Angebots anzusehen. Stimmen die AGB nicht mit den Bedingungen der Vergabeunterlagen überein, was in der Regel der Fall sein wird, stellt dies eine Änderung der Vergabeunterlagen dar.
Unterlagen, die Änderungen an den Vergabeunterlagen enthalten, sind von der Wertung auszuschließen. Diese Regelung dient der Vergleichbarkeit der eingereichten Angebote und somit der Gleichbehandlung der am Verfahren beteiligten Unternehmen. Sie beugt der Gefahr vor, dass Auftraggeber ein Angebot bezuschlagen, dass nicht ihren Anforderungen entspricht. Gehen Auftraggeber und Bieter von unterschiedlichen Leistungsinhalten aus, kann der gewünschte Vertrag nicht zustande kommen.
Der Auftraggeber darf im offenen und nichtoffenen Verfahren keine Aufklärung mit dem Ziel betreiben, Änderungen der Vergabeunterlagen nachträglich zu bereinigen. Eine solche Aufklärung stellt eine unzulässige Nachverhandlung dar. Verhandlungen in diesem Sinne sind lediglich im Verhandlungsverfahren und bei Innovationspartnerschaften zulässig. Aufklärungen von Unklarheiten sind jedoch in allen Verfahrensarten möglich (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung).
Enthalten die Vergabeunterlagen Unklarheiten oder Widersprüche und fallen diese einem Unternehmen auf, so muss es diese vor Einreichung seiner Unterlagen beim Auftraggeber durch eine entsprechende Frage an den Auftraggeber anzeigen, sodass dem Auftraggeber eine Klarstellung der Unklarheiten möglich ist. Allerdings muss ein Unternehmen gar nicht erkennen, dass eine Angabe des Auftraggebers in den Vergabeunterlagen unklar ist, sofern es sich dabei um einen Aspekt, wie zum Beispiel eine Position im Leistungsverzeichnis, handelt, bei dem den Unternehmen ein Interpretationsspielraum hinsichtlich der Ausführung der Leistung bleibt, und das Unternehmen diese Position plausibel deuten kann In diesem Fall dürfen Abweichungen von der vom Auftraggeber ursprünglich intendierten Bedeutung der Regelung nicht zu Lasten der Unternehmen gehen. Es ist Aufgabe des Auftraggebers, die Vergabeunterlagen klar und für Dritte eindeutig verständlich zu formulieren. Bietet ein Unternehmen etwas anderes an als vom Auftraggeber gewollt, weil die Vergabeunterlagen nicht hinreichend deutlich formuliert sind, stellt dies keine Änderung der Vergabeunterlagen dar.
Angebote, welche nach den Regelungen der VOB/A (EU) zulässige Abweichungen von den vorgesehenen technischen Spezifikationen enthalten, sind keine Nebenangebote und daher grundsätzlich stets wertbar. Das Anbieten einer Leistung mit solchen Abweichungen ist stets zulässig, wenn die Leistung mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Abweichung muss dann im Angebot eindeutig bezeichnet sein. Die Gleichwertigkeit mit dem geforderten Schutzniveau ist allerdings vom Bieter mit dem Angebot nachzuweisen.
Rechtsvorschriften
Fehlende Preisangaben
Angebote müssen die erforderlichen Preisangaben enthalten. Fehlen diese Preisangaben ist das Angebot nicht wertbar. Die fehlenden Preisangaben dürfen auch nicht nachgefordert werden, da es sich dabei um leistungsbezogene Unterlagen handelt, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung anhand der Zuschlagskriterien betreffen. Es gibt jedoch Ausnahmen: Handelt es sich bei den fehlenden Preisangaben um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern, oder die Reihenfolge der Angebote in der Wertung und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen, ist eine Nachforderung zulässig. Reicht der Bieter daraufhin die fehlenden Preisangaben nach, ist sein Angebot wertbar (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung; 2.5.4. Ausschluss).
Fehlende Preisangaben werden im Geltungsbereich der VOB/A (EU) auch dann nicht nachgefordert, wenn es sich dabei um unwesentliche Preisangaben handelt.
Ein Spezialfall fehlender Preisangaben ist die unzulässige Mischkalkulation. Als Mischkalkulation wird die Verlagerung von Kosten von einer auf eine andere Position im Leistungsverzeichnis bezeichnet. Dabei werden beispielsweise Preisansätze wie Personal- und Maschinenkosten komplett auf eine Leistungsposition verlagert, fehlen dafür aber bei den anderen Leistungspositionen.
Preise sind vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Bei einer Mischkalkulation ist dies nicht der Fall. Angebote, denen eine Mischkalkulation zugrunde liegt, sind auszuschließen, da sie nicht mit den anderen Angeboten vergleichbar sind. Eine Wertung der auf einer Mischkalkulation beruhenden Angebote würde dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen.
Erscheinen die angebotenen Preise für einzelne Positionen außergewöhnlich niedrig bzw. außergewöhnlich hoch, könnte eine Mischkalkulation vorliegen. Um dies tatsächlich festzustellen, sollte der Auftraggeber jedoch dem Bieter die Gelegenheit geben aufzuklären, aus welchen Kosten sich die angegebenen Einheitspreise genau zusammensetzen. Kann der Bieter darlegen, dass die Preise seriös kalkuliert sind, ist sein Angebot wertbar.
Unter bestimmten Voraussetzungen wird ein aufgrund einer Mischkalkulation entstandenes Angebot auch als spekulatives Angebot bezeichnet. Dies ist der Fall, wenn bei einer Ausschreibung Einzel- bzw. Einheitspreise anzubieten sind und der Bieter nach der Ausschreibung Leistungsänderungen bzw. Nachträge erwartet, bei denen bestimmte Leistungen in größerem Umfang gefragt sind, und daher genau für diese Leistungspositionen höhere Preise anbietet, während er dafür andere Position günstiger anbietet, um ein wettbewerbsfähiges Angebot unterbreiten zu können. Auch bei Rahmenverträgen ist diese Vorgehensweise denkbar, da in den Vergabeunterlagen noch nicht festgelegt ist, welche der angebotenen Leistungen später genau abgerufen werden.
Ob ein Angebotspreis insgesamt angemessen ist, wird in einem späteren Prüfungsschritt beurteilt (vgl. 2.5.7. Ungewöhnlich niedrige Angebote).
Nebenangebote
Ein Nebenangebot ist ein Angebot, das vom durch den Auftraggeber geforderten Angebot abweicht – beispielsweise weil es Änderungsvorschläge enthält. Ein Nebenangebot liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Bieter eine andere als die in den Vergabeunterlagen vorgesehene Lösung für die Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags anbietet, aber auch dann, wenn der Bieter Positionen im Leistungsverzeichnis ändert. Nebenangebote dürfen aus Gleichbehandlungsgründen nur dann gewertet werden, wenn der Auftraggeber ausdrücklich die Einreichung von Nebenangeboten zugelassen hat.
Hat der Auftraggeber Nebenangebote zugelassen, so berücksichtigt er nur die Nebenangebote, die die von ihm verlangten Mindestanforderungen erfüllen. Diese Mindestanforderungen hat der Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen festzulegen (vgl. 2.2.6. Nebenangebote).
Im Geltungsbereich der VOB/A (EU) müssen Nebenangebote als solche deutlich gekennzeichnet werden und auf besonderer Anlage erstellt werden. Außerdem ist die Anzahl von Nebenangeboten an der vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen bezeichneten Stelle aufzuführen. Durch diese formalen Anforderungen soll sichergestellt werden, dass Haupt- und Nebenangebot nicht verwechselt werden können. Aus den vom Bieter eingereichten Unterlagen muss klar hervorgehen, welches das Haupt- und welches das Nebenangebot ist.
Eine deutliche Trennung von Haupt- und Nebenangebot ist deshalb notwendig, weil sonst ein Nebenangebot versehentlich für ein Hauptangebot gehalten werden könnte und in der Folge entsprechend wegen Änderungen der Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden könnte. Durch die Angabe der Anzahl der Nebenangebote an der in den Vergabeunterlagen bezeichneten Stelle hat der Auftraggeber einen ersten Anhaltspunkt dafür, ob es überhaupt Nebenangebote gibt und wie viele. Dies kann es dem Auftraggeber im Zweifelsfall erleichtern zu bestimmen, welches das Hauptangebot und welches das Nebenangebot ist.
Damit es überhaupt nicht zu Zweifeln kommt, hat der Bieter Haupt- und Nebenangebot körperlich getrennt einzureichen und das Nebenangebot ausdrücklich als Nebenangebot zu kennzeichnen, sodass für den Auftraggeber eindeutig erkennbar ist, ob es sich um ein Nebenangebot oder ein Hauptangebot handelt.
Angebote, welche nach den Regelungen der VOB/A (EU) zulässige Abweichungen von den vorgesehenen technischen Spezifikationen enthalten, sind keine Nebenangebote und daher grundsätzlich stets wertbar.
Rechtsvorschriften
Fachliche Richtigkeit
Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote sind auf fachliche Richtigkeit zu prüfen. Dabei geht es insbesondere darum, die Schlüssigkeit der eingereichten Unterlagen zu untersuchen. Beispielsweise ist zu ermitteln, ob die vom Bieter im Leistungsverzeichnis gemachten Angaben schlüssig sind. Auch Leistungserbringungskonzepte sind einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.
Wenn die eingereichten Unterlagen fachlich unrichtig sind, enthalten sie möglicherweise auch eine Abweichung von den Vergabeunterlagen. Bietet ein Unternehmen mit seinem Angebot in fachlicher Hinsicht andere als die vom Auftraggeber geforderten Leistungen an, nimmt es Änderungen an den Vergabeunterlagen vor. Solche Angebote sind nur in ganz speziellen Ausnahmesituationen wertbar, wenn es sich dabei um Nebenangebote handelt, die den Anforderungen für Nebenangebot entsprechen.
Rechnerische Richtigkeit
Angebote sind zudem auch auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Stimmen die Summen der im Angebot angegebenen Einzelpreise nicht mit dem vom Bieter angegebenen Gesamtbetrag überein, sind für die Wertung die Positionen entscheidend, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen oder in der Bekanntmachung als Vertragsgrundlage festgelegt hat. Sind für die ausgeschriebene Leistung Einheitspreise anzubieten und entspricht der Gesamtbetrag einer Position nicht dem Ergebnis der Multiplikation von Mengensatz und Einheitspreis, so ist der Einheitspreis maßgebend. Wird hingegen ein Angebot über eine Pauschalsumme gefordert, gilt die angegebene Pauschalsumme ohne Rücksicht auf die angegebenen Einzelpreise. Diese Vorgehensweise ist für Bauvergaben vorgeschrieben, lässt sich aber auch auf andere Vergabeverfahren übertragen.
Bei Bauvergaben sind die aufgrund der Prüfung festgestellten Angebotsendsummen in der Niederschrift über den Öffnungstermin zu vermerken. Falls der Auftraggeber durch die Prüfung eine abweichende Angebotsendsumme erst nach dem Öffnungstermin feststellt, kann diese der Öffnungsniederschrift über einen Nachtrag hinzugefügt werden.
Rechtsvorschriften
Der Auftraggeber hat die angebotenen Preise zudem inhaltlich zu prüfen. Hat der Auftraggeber zur Kalkulation des Angebotspreises eine bestimmte Mindest- oder Maximalwerte verbindlich vorgeschrieben, ändert der Bieter mit einer abweichenden Preisermittlung die Vergabeunterlagen. Bei der Preisprüfung ist allerdings zu beachten, dass dem Bieter grundsätzlich Kalkulationsfreiheit für sein Angebot zukommt.
Rechtsvorschriften
Im Geltungsbereich der VOB/A (EU) ergeben sich hinsichtlich der formellen Prüfung der Angebote noch folgende besondere Reglungen:
Leistungsverzeichnis. Erfolgt die Ermittlung des Angebotspreises auf Grundlage eines mit den Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellten Leistungsverzeichnisses, müssen die Bieter das ausgefüllte Leistungsverzeichnis mit dem Angebot einreichen. Die Bieter können jedoch auch eine selbstgefertigte Abschrift oder Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses benutzen, wenn sie den vom Auftraggeber verfassten Wortlaut des Leistungsverzeichnisses im Angebot als allein verbindlich anerkennen. Kurzfassungen müssen jedoch die Ordnungszahlen (Positionen) vollzählig, in der gleichen Reihenfolge und mit den gleichen Nummern wie in dem vom Auftraggeber verfassten Leistungsverzeichnis, wiedergeben.
Preisnachlässe ohne Bedingung. Will der Auftraggeber Preisnachlässe ohne Bedingung im Rahmen der Angebotswertung berücksichtigen, muss er dafür in den Vergabeunterlagen eine Position vorsehen, in die Unternehmen Preisnachlässe einzutragen haben. Soweit der Bieter Preisnachlässe ohne Bedingungen gewährt, muss er diese an der vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen bezeichneten Stelle aufführen. Trägt der Bieter den Preisnachlass nicht an der dafür vorgesehenen Stelle ein, kann er nicht gewertet werden. Der Preisnachlass ist in diesem Fall auch dann von der Wertung auszuschließen, wenn er ansonsten den inhaltlichen Anforderungen genügt. Diese Regelung dient der Transparenz des Vergabeverfahrens. Die Preisnachlässe sollen schon bei der ersten Durchsicht des Angebotes klar erkennbar sein, damit sie in die Niederschrift der Angebotsöffnung aufgenommen werden können (vgl. 2.5.1. Form, Übermittlung und Öffnung).
Rechtsvorschriften
Die SektVO enthält neben den Vorschriften zur Textform wie zur Übermittlungsform keine weiteren Ausführungen zur Form der Angebote. Vorschriften zur Einreichung schriftlicher Angebote, zur Kennzeichnung der Angebote zu Preisangaben oder zu Änderungen der Vergabeunterlagen sind nicht vorhanden. Hier können jedoch die Regelungen der Vergabeverordnung zur formellen Prüfung der Angebote als Orientierungshilfe dienen, da diese Regelungen Ausfluss der allgemeinen Vergabegrundsätze sind, die auch im Bereich der SektVO Geltung besitzen.
Bestimmte Unterlagen kann der Auftraggeber nachfordern. Dabei müssen die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung eingehalten werden.
Grundsätzlich kann der Auftraggeber nur Unterlagen nachfordern, die wirksam, z. B. in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen, gefordert wurden. Die Nachforderungsmöglichkeit scheidet jedoch aus, wenn ein Angebot zwingend auszuschließen ist (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Das erstmalige Anfordern von Unterlagen, deren spätere Anforderung sich der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zunächst vorbehalten hat, stellt keine Nachforderung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Die Nachforderungsmöglichkeit umfasst sowohl die Aufforderung zur Nachreichung fehlender Unterlagen als auch die Aufforderung zur Vervollständigung unvollständiger Unterlagen sowie die Korrektur unternehmensbezogener fehlerhafter Unterlagen. Daher ist die Nachforderung so zu gestalten, dass die Bewerber oder Bieter daraus ersehen können, welche Unterlagen sie nachreichen, vervollständigen oder korrigieren sollen. Lediglich ein Hinweis darauf, dass Unterlagen nachzureichen sind, genügt nicht. Insbesondere dann, wenn ein Bewerber / Bieter bereits die geforderten Unterlagen eingereicht hat, diese aber unvollständig oder inkorrekt sind, muss in der Nachforderung ein konkreter Hinweis enthalten sein, inwiefern die eingereichte Unterlage den Anforderungen nicht genügt. Andernfalls ist es möglich, dass der Bewerber / Bieter irrtümlich annimmt, er habe die bezeichnete Unterlage aus Versehen gar nicht eingereicht. Aufgrund dieses Irrtums reicht er die gleichen Unterlagen ggf. ein zweites Mal ein. Mit der Nachforderung soll ihm aber eine reale Gelegenheit zur Nachbesserung gewährt werden.
Die Entscheidung, ob Unterlagen nachgefordert werden, steht im Ermessen des Auftraggebers. Gemäß der amtlichen Begründung zur Vergabeverordnung kann der Auftraggeber die Nachforderung auf diejenigen Bieter oder Bewerber beschränken, deren Teilnahmeanträge oder Angebote in die engere Wahl kommen. Er ist nicht verpflichtet, von allen Bietern oder Bewerbern gleichermaßen Unterlagen nachzufordern.
Dennoch hat der Auftraggeber den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten: Hat sich der Auftraggeber dazu entschlossen, bei einem Unternehmen nachzufordern, muss er auch anderen Unternehmen, deren Teilnahmeanträge oder Angebote in die engere Wahl kommen und vergleichbare Defizite aufweisen, die Möglichkeit geben, Unterlagen nachzureichen, sofern dies für einen chancengleichen Wettbewerb erforderlich ist.
Der Aufraggeber ist berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird. An diese Festlegung ist er im folgenden Verfahren dann natürlich auch gebunden und kann keine Unterlagen mehr nachfordern.
Die Entscheidung zur Nachforderung und das Ergebnis der Nachforderung sind zu dokumentieren.
Unternehmensbezogene Unterlagen
Bei der Nachforderung wird unterschieden zwischen unternehmensbezogenen und leistungsbezogenen Unterlagen. Unternehmensbezogene Unterlagen betreffen die Eignungsprüfung, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise.
Der Auftraggeber kann die Bewerber oder Bieter auffordern, fehlende Unterlagen nachzureichen oder unvollständige Unterlagen zu vervollständigen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Unternehmen aufzufordern, fehlerhafte, unternehmensbezogene Unterlagen zu korrigieren.
Wenn bereits ein Teilnahmewettbewerb stattgefunden hat, können im Rahmen der Angebotsprüfung keine eignungsbezogenen Unterlagen mehr nachgefordert werden. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht dann nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs (vgl. 2.4.3. Teilnahmewettbewerb und Reduzierung).
Leistungsbezogene Unterlagen
Leistungsbezogene Unterlagen bilden die Grundlage für die Wertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien. Bei leistungsbezogenen Unterlagen soll die Möglichkeit zur Korrektur fehlerhafter Unterlagen zur Sicherstellung des Wettbewerbs- und Nichtdiskriminierungsgrundsatzes nicht bestehen. Sollen beispielsweise Bieter zur Wertung der Angebote Leistungserbringungskonzepte einreichen, würden diejenigen Bieter, deren Konzepte fehlerhafte Angaben enthalten, durch eine Nachforderung gewissermaßen „Tipps“ des Auftraggebers für eine Verbesserung des Konzepts und somit eine bessere Bewertung erhalten. Dadurch könnte es dazu kommen, dass letztendlich alle Leistungserbringungskonzepte bei der Wertung die volle Punktzahl erreichen. Dies verhindert jedoch einen Wettbewerb der Bieter und benachteiligt diejenigen, deren Konzepte von Anfang an keine Fehler enthielten. Leistungsbezogene Unterlagen, die beispielsweise für die Erfüllung der Kriterien der Leistungsbeschreibung vorzulegen sind, können lediglich nachgereicht oder vervollständigt werden.
Ausgeschlossen ist jedoch die Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen. Dies gilt insbesondere für Preisangaben, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Rechtsvorschriften
Die VOB/A (EU) legt fest, dass fehlende Erklärungen und Nachweise vom Auftraggeber nachverlangt werden. Im Gegensatz zu den Regelungen im Geltungsbereich der VgV und SektVO bezieht sich die Nachforderung hier nicht auf alle Unterlagen, sondern nur auf Erklärungen und Nachweise. Im Geltungsbereich der VOB/A-EU ist auch keine Vervollständigung lediglich unvollständiger Unterlagen oder eine Korrektur fehlerhafter Unterlagen im Rahmen der Nachforderung möglich. Auch unwesentliche Preisangaben werden nicht nachgefordert.
Nachgefordert wird bezüglich aller Angebote, die nicht schon aufgrund von verspätetem Eingang, Formverstößen (fehlende Unterzeichnung / Signatur, unverschlossene / unverschlüsselte Unterlagen) oder unzulässigen Änderungen an den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden.
Nach der VOB/A (EU) ist eine Nachforderung für den Auftraggeber in diesem Fall zwingend vorgeschrieben. Die Entscheidung, ob nachgefordert wird oder nicht, steht daher nicht in seinem Ermessen. Der Auftraggeber darf keine eigenen Vorgaben machen, ob und was nachgefordert wird.
Aufgrund des Wortlautes des § 16 a EU VOB/A (ausdrücklicher Verweis auf § 16 EU Nr.1 und 2 VOB/A) ergibt sich für den Auftraggeber immer dann eine Pflicht nachzufordern, wenn die Angebote nicht verspätet eingegangen sind, keine Formvorschriften (fehlende Unterzeichnung / Signatur, unverschlossene / unverschlüsselte Unterlagen) verletzen und keine Änderungen der Vergabeunterlagen enthalten. Das heißt, eine Nachforderungspflicht besteht auch dann, wenn Angebote wesentliche Preispositionen nicht enthalten.
Das Fehlen wesentlicher Preispositionen führt jedoch zwingend zu einem Angebotsausschluss, da fehlende Preise nicht nachgefordert werden dürfen (vgl. 2.5.4. Ausschluss). Bei Preisangaben handelt es sich nämlich nicht um Erklärungen oder Nachweise. Fehlen neben den Preisangaben zudem noch Erklärungen oder Nachweise, müssen diese Erklärungen / Nachweise dem Wortlaut der Norm zufolge also nachgefordert werden, obwohl das Angebot sowieso ausgeschlossen wird. Auch bei unzulässigen Nebenangeboten bzw. bei Nebenangeboten, die nicht auf besonderer Anlage erstellt und als solche gekennzeichnet wurden, oder Nebenangeboten, welche den Mindestanforderungen nicht entsprechen, muss bezüglich fehlender Erklärungen und Nachweise nach dem Verordnungswortlaut zunächst nachgefordert werden, obwohl das Nebenangebot ohnehin ausgeschlossen wird. Aufgrund der Widersprüchlichkeit dieser Regelung ist anzunehmen, dass es sich bei dem Verweis auf Nr. 1 und 2 um einen redaktionellen Fehler handelt. Vielmehr müsste der §16 a EU VOB/A auf sämtliche Ausschlussgründe des § 16 EU VOB/A verweisen.
Erklärungen und Nachweise werden nachgefordert, wenn sie fehlen. Erklärungen und Nachweise fehlen immer dann, wenn sie nicht körperlich vorhanden oder formal fehlerhaft sind. Eine Nachforderung scheidet jedoch aus, sofern es sich bei den formalen Fehlern um einen Verstoß gegen Formvorschriften handelt, die einen Ausschluss des Angebotes nach sich ziehen (fehlende Unterzeichnung / Signatur des Angebotes, unverschlossene / unverschlüsselte Unterlagen, Änderungen der Vergabeunterlagen).
Rechtsvorschriften
Weitere Aufklärungen
Sind Teile des Angebotsinhalts unklar, kann der Auftraggeber von dem betreffenden Unternehmen Aufklärung darüber verlangen. Dazu wird gibt der Auftraggeber dem Unternehmen die Gelegenheit, nähere Informationen oder Erläuterungen zu den fraglichen Angebotsinhalten einzureichen.
Verpflichtend ist eine Aufklärung in jedem Fall dann, wenn ein Angebot unangemessen niedrig erscheint. Solche Angebote können auf technisch, wirtschaftlich oder rechtlich fragwürdigen Annahmen basieren. Nur wenn ein Unternehmen die bezeichneten Bedenken im Hinblick auf seine technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Annahmen nicht hinreichend erklären kann, besteht die Möglichkeit, sein Angebot auszuschließen. Daher ist das Unternehmen vor einem Ausschluss seines Angebotes zu dessen Einzelpositionen zu hören (vgl. 2.5.7. Ungewöhnlich niedrige Angebote).
Tauchen in den eingereichten Unterlagen andere Unklarheiten auf, gibt es zumindest keine gesetzlich normierte Pflicht zur Aufklärung. Dann steht es grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers, ob er dazu Aufklärung verlangt oder nicht. Der Auftraggeber darf aber erst dann von den Unternehmen Aufklärung verlangen, wenn sich seine Zweifel am Inhalt der Unterlagen nicht im Wege der Auslegung klären lassen. Es scheint jedoch auch in anderen Fällen geboten, Aufklärung zu verlangen, beispielsweise wenn der Verdacht einer unzulässigen Mischkalkulation besteht oder Unterlagen nicht form- oder fristgerecht eingehen und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Bieter dies nicht zu vertreten hat. Denn durch die Aufklärung wird Recht des betroffenen Unternehmens auf rechtliches Gehör bzw. auf Anhörung gewahrt. Die Aufklärung ist jedoch nur zulässig, wenn der Auftraggeber Zweifel oder zumindest Restzweifel am Inhalt der Unterlagen hat.
Verweigert das betroffene Unternehmen die fristgerechte Aufklärung, werden seine Unterlagen gegebenenfalls von der Wertung ausgeschlossen.
Die Aufklärung darf lediglich die nähere Erläuterung der bereits in den Unterlagen enthaltenen Informationen umfassen. Es ist nicht zulässig Aufklärungen oder gar Verhandlungen mit dem Ziel zu fordern, unvollständige Unterlagen zu vervollständigen oder ein Angebot inhaltlich zu verändern. Dies verstößt gegen das Nachverhandlungsverbot im offenen und nicht offenen Verfahren. Ein Angebot soll nach Ende der Einreichungsfrist unverändert gelten. Verhandlungen in diesem Sinne sind lediglich im Verhandlungsverfahren oder bei einer Innovationspartnerschaft zulässig.
Rechtsvorschriften
Die VOB/A (EU) enthält für Angebote spezielle Regelungen zur Aufklärung. Im offenen und nichtoffenen Verfahren darf der öffentliche Auftraggeber nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung nur Aufklärung verlangen, um sich über folgende Aspekte zu unterrichten:
- Eignung, insbesondere technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. 2.4 Eignung),
- das Angebot selbst,
- etwaige Nebenangebote,
- die geplante Art der Durchführung,
- etwaige Ursprungsorte oder Bezugsquellen von Stoffen und Bauteilen und
- die Angemessenheit der Preise, wenn nötig durch Einsicht in die vorzulegenden Preisermittlungen (Kalkulationen).
Es ist noch explizit geregelt, dass die Ergebnisse solcher Aufklärungen geheim zu halten sind und in Textform niedergelegt werden sollen.
Außerdem darf der Auftraggeber die vom Bieter angegebenen Informationen zu energieverbrauchsrelevanten Waren, technischen Geräten oder Ausrüstungen, deren Lieferung wesentlicher Bestandteil der Bauleistung ist, überprüfen und hierzu ergänzende Erläuterungen von dem Bieter fordern. Bei diesen Informationen handelt es sich um konkrete Angaben zum Energieverbrauch und eine Analyse minimierter Lebenzykluskosten bzw. die Ergebnisse einer vergleichbaren Methode zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit.
Für das Verhandlungsverfahren/die Innovationspartnerschaft gilt die Begrenzung der möglichen Inhalte der Aufklärung nicht. Selbstverständlich sind bei diesem Verfahrenstyp neben der Aufklärung auch Verhandlungen zulässig.
Verhandlungen im offenen und nichtoffenen Verfahren, besonders über eine Änderung der Angebote oder Preise sind unstatthaft. Nur wenn Verhandlungen bei Nebenangeboten oder Angeboten aufgrund eines Leistungsprogramms (vgl. 2.2.4. Leistungsbeschreibung) nötig sind, um unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs und sich daraus ergebende Änderungen der Preise zu vereinbaren, sind Verhandlungen im offenen und nichtoffenen Verfahren ausnahmsweise statthaft.
Ob der Auftraggeber von den Bietern bei Zweifeln Aufklärung verlangt oder nicht, steht in seinem Ermessen. Wenn ein Angebotspreis allerdings außergewöhnlich niedrig erscheint, ist der Auftraggeber auch hier verpflichtet Aufklärung zu verlangen, bevor er ein Angebot ausschließt.
Rechtsvorschriften
Angemessene Fristsetzung
Der Auftraggeber setzt für den Eingang von nachgeforderten Unterlagen bzw. Aufklärungen eine angemessene, nach dem Kalender bestimmte Frist. Die Länge der Frist ist dabei dem Ermessen des Auftraggebers überlassen, weil der Zeitaufwand je nach nachzureichender Unterlage verschieden ausfallen kann. Legen die von der Nachforderung betroffenen Unternehmen die Unterlagen bzw. Aufklärungen nicht innerhalb dieser Frist vor, dürfen diese Informationen nicht berücksichtigt werden. Gegebenenfalls sind diese Unternehmen in der Folge auch vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Frist. Die Unterlagen sind nach der VOB/A (EU) spätestens innerhalb von 6 Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Aufforderung durch den Auftraggeber. Werden die nachgeforderten Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot auszuschließen. Hinsichtlich dieser Einreichungsfrist hat der Auftraggeber kein Ermessen.
Ergebnis der Nachforderung
Die Unterlagen, welche die Unternehmen auf die Nachforderung hin fristgerecht nachreichen, sind vom Auftraggeber zu prüfen und auszuwerten. Die nachgereichten Unterlagen sind ebenso wie die anderen Unterlagen zunächst in formeller Hinsicht zu prüfen. Anschließend ist bei den unternehmensbezogenen Unterlagen die Eignung zu prüfen. Leistungsbezogene Unterlagen werden nach der formellen Prüfung mit in die Wertung einbezogen. Das Ergebnis der Nachforderung bzw. der Aufklärung ist zu dokumentieren (vgl. 1.2. Dokumentation / Vergabevermerk).
Unterlagen welche, die formellen Anforderungen nicht erfüllen, werden von der Wertung ausgeschlossen. Dabei führen die folgend aufgeführten Verstöße gegen formelle Vorgaben fast immer zwingend zum Ausschluss der Unterlagen. Dem Auftraggeber kommt diesbezüglich kein Ermessen zu.
Rechtzeitigkeit
Zwingend auszuschließen sind Unterlagen, die nicht fristgerecht eingegangen sind. Dies folgt aus dem vergaberechtlichen Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter.
Dies gilt nicht, wenn das übermittelnde Unternehmen die Verspätung nicht zu vertreten hat. Die Übermittlung von Unterlagen liegt grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Unternehmens, das am Vergabeverfahren teilnimmt. Der Bieter / Bewerber trägt das Risiko für den rechtzeitigen Eingang seiner Unterlagen beim Auftraggeber bzw. der in den Vergabeunterlagen benannten Kontaktstelle. Verspätet eingegangene Unterlagen können auch dann nicht zur Wertung zugelassen werden, wenn sie so frühzeitig zur Post oder einem Kurierdienst gegeben worden sind, dass mit einem rechtzeitigen Eingang nach allgemeiner Erfahrung zu rechnen war.
Das Unternehmen hat den verspäteten Eingang jedoch dann nicht zu vertreten, wenn die Verspätung durch höhere Gewalt oder ein Verschulden des Auftraggebers verursacht wurde. Dafür, dass diese Umstände vorliegen, trägt das Unternehmen die Beweislast.
Hier wird für die Feststellung des rechtzeitigen Eingangs darauf abgestellt, ob die Angebote dem Verhandlungsleiter des Öffnungstermins zum Ablauf der Angebotsfrist vorgelegen haben. Angebote, die dem Verhandlungsleiter aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen vorgelegen haben – etwa weil sie intern nicht weitergeleitet wurden –, dem Auftraggeber aber nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist zugegangen waren, sind wie rechtzeitig vorliegende Angebote zu behandeln und nicht auszuschließen.
Der VOB/A (EU) enthält lediglich eine Regelung zum Ausschluss von verspäteten Angeboten. Diese kann jedoch auch für die übrigen Unterlagen herangezogen werden.
Form
Unterlagen, welche nicht in der geforderten Form eingegangen sind, sind aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes zwingend auszuschließen. Ein Ausschluss hat immer dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen nicht mithilfe der vom Auftraggeber bestimmten Übermittlungsmethode (elektronische Mittel, Post, Fax, Direktübergabe etc.) eingereicht wurden und wenn die Unterlagen nicht in Textform übermittelt wurden. Elektronisch übermittelte Unterlagen werden ausgeschlossen, sofern sie nicht mit der geforderten Signatur versehen sind. Auf dem Postweg übermittelte Unterlagen sind immer dann auszuschließen, wenn sie unverschlossen eingereicht wurden oder wenn sie nicht unterschrieben sind (vgl. 2.5.2. Prüfung). Es ist auch denkbar, dass elektronisch übermittelte Unterlagen ausgeschlossen werden, wenn sie mit elektronischen Mitteln, die nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen und daher zum Beispiel keine Verschlüsselung generieren können, übermittelt werden.
Auszuschließen sind Angebote dann nicht, wenn das betroffene Unternehmen den Formverstoß nicht zu vertreten hat. Ein solcher Fall ist insbesondere denkbar, wenn ein elektronisch übermitteltes Angebot zwar nicht formgerecht beim Auftraggeber eingeht, der Formverstoß aber daraus resultiert, dass die vom Auftraggeber für die Übermittlung bestimmten elektronischen Mittel selbst den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen. In einem solchen Fall liegt ein Verschulden des Auftraggebers nahe (vgl. 1.3. Kommunikation, E-Vergabe).
Vollständigkeit
Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote, welche die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen nicht oder nicht vollständig enthalten, werden von der Wertung ausgeschlossen. Entscheidet sich der Auftraggeber dafür, die fehlenden Unterlagen nicht nachzufordern oder ist eine Nachforderung nach der Vergabeverordnung nicht zulässig, sind die unvollständigen Unterlagen auszuschließen. Ist eine Nachforderung zulässig, liegt es im Ermessen des Auftraggebers ob er fehlende Erklärungen und Nachweise nachfordert oder aber die unvollständigen Unterlagen vom Verfahren ausschließt. Entscheidet er sich für eine Nachforderung, werden die Unterlagen der Bewerber oder Bieter erst nach erfolglosem Ablauf der Nachforderungsfrist vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Reichen die Unternehmen die fehlenden Erklärungen und Nachweise jedoch nach, sind ihre Unterlagen wertbar (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung).
Verlangt der Auftraggeber von einem Unternehmen Aufklärung, verweigert das Unternehmen aber die Aufklärung, so sind die Unterlagen dieses Unternehmens dann auszuschließen, wenn der Auftraggeber aufgrund der fehlenden Aufklärung nicht feststellen kann, ob die eingereichten Unterlagen alle Anforderungen der Vergabeverordnung und der Vergabeunterlagen bzw. der Bekanntmachung erfüllen. Zum Beispiel sind im Falle eines ungewöhnlich niedrigen Angebotes die Unterlagen eines Unternehmens, das die Aufklärung verweigert, auszuschließen, wenn die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden kann. Der Auftraggeber gelangt jedoch in einigen Fällen dann doch durch weitergehende eigene Feststellungen zu der Überzeugung, dass die Unterlagen den Anforderungen der Vergabeverordnung und der Vergabeunterlagen bzw. der Bekanntmachung genügen. In diesen Fällen ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, die Unterlagen des Unternehmens allein aus dem Grund auszuschließen, dass es die Aufklärung verweigert hat. Kann also der Auftraggeber auch ohne die Informationen der Aufklärung die geringe Höhe des angebotenen Preises zufriedenstellend erklären, muss er ein Angebot nicht nur deshalb ausschließen, weil der Bieter nach entsprechender Aufforderung keine Aufklärung eingereicht hat (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung). Dies gilt nicht für Angebote im Geltungsbereich der VOB/A (EU).
Im Geltungsbereich der VOB/A (EU) ist ein Angebot nicht nur dann zwingend auszuschließen, wenn der Bieter auf das Nachforderungsverlangen des Auftraggebers die geforderten Erklärungen und Nachweise nicht nachreicht, sondern auch dann, wenn der Bieter nicht innerhalb der gesetzten Frist auf das Aufklärungsverlangen des Auftraggebers antwortet. Voraussetzung hierfür ist, dass die Frist angemessen bemessen war (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung).
Auch Angebote, bei denen der Bieter Erklärungen oder Nachweise, deren Vorlage sich der Auftraggeber vorbehalten hat, auf Anforderung nicht innerhalb einer angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist vorgelegt hat, werden nach der VOB/A zwingend ausgeschlossen. Inhalt dieser Regelung sind nicht die nachgeforderten Erklärungen und Nachweise, sondern Erklärungen und Nachweise, die nach Ablauf der Angebotsfrist erstmals angefordert werden. Die Vorschrift gilt für Teilnahmeanträge entsprechend.
Rechtsvorschriften
Änderung eigener Eintragungen
Nimmt ein Unternehmen Änderungen an seinen eigenen Eintragungen in den Unterlagen vor und entstehen dadurch Zweifel am Inhalt seiner Erklärung, so sind diese Unterlagen auszuschließen. Da für den Auftraggeber nur zweifelsfreie und eindeutige Angebote vergleichbar und annahmefähig sind, müssen widersprüchliche Angebote ausgeschlossen werden. Nicht erfasst sind also solche Änderungen an den Eintragungen, welche ihrem Sinngehalt nach eindeutig sind.
Änderungen / Ergänzungen Vergabeunterlagen
Nimmt ein Unternehmen Änderungen an den Vergabeunterlagen vor, so sind dessen Unterlagen zwingend von der Wertung auszuschließen. Es ist dabei unerheblich, ob sich die vorgenommene Änderung für den Auftraggeber nachteilig oder vorteilhaft auswirken würde.
Beispielsweise darf ein Bieter dem Auftraggeber nicht noch zusätzliche Leistungen anbieten, welche dieser in der Ausschreibung gar nicht nachgefragt hat. Es ist zudem unerheblich, ob die an den Vergabeunterlagen vorgenommenen Änderungen nur geringfügig sind: Auch geringfügige Änderungen führen dazu, dass zwischen Vergabeunterlagen und Angebot keine vollkommene Deckungsgleichheit mehr besteht. Auf diese Weise soll die Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt werden.
Fehlende Preisangaben
Angebote, die nicht die geforderten Preisangaben enthalten, sind zwingend auszuschließen. Eine Nachforderung der fehlenden Preisangaben ist ausgeschlossen, da es sich dabei um leistungsbezogene Unterlagen für die Wirtschaftlichkeitsbewertung handelt.
In speziellen Einzelfällen wäre ein sofortiger Ausschluss des betroffenen Angebots allerdings unverhältnismäßig. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei den fehlenden Preisangaben um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Reihenfolge der Angebote in der Wertung und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Hier darf der Auftraggeber die fehlenden Preisangaben zunächst nachfordern. Angebote, welche nach der Nachforderung nicht die nachgeforderten Unterlagen enthalten, sind allerdings auszuschließen.
Nebenangebote
Nebenangebote sind immer dann vom Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der Auftraggeber sie nicht ausdrücklich zugelassen hat. Dies dient der Gleichbehandlung der Bieter und gewährleistet die Vergleichbarkeit der Angebote untereinander.
Hat der Auftraggeber Nebenangebote zugelassen, müssen die Angebote, welche die von ihm aufgestellten Mindestanforderungen nicht erfüllen, aus Gründen der Gleichbehandlung ausgeschlossen werden.
Fachliche Richtigkeit
Ergibt die Prüfung, dass Angebote fachliche Fehler enthalten und handelt es sich dabei um Änderungen der Vergabeunterlagen, so sind diese Angebote zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen; es sei denn es handelt sich um zulässigerweise eingereichte Nebenangebote.
Enthält ein Angebot zwar fachliche Unrichtigkeiten, jedoch keine Änderung der Vergabeunterlagen, so kann nur dann aus fachlichen Gründen ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber sich dies in den Vergabeunterlagen vorbehalten hat. Beispielsweise kann sich der Auftraggeber vorbehalten, Angebote von der Wertung auszuschließen, wenn mit diese Leistungskonzepte eingereicht werden, die nicht plausibel sind.
Rechnerische Richtigkeit
Weicht der Bieter von verbindlichen Vorgaben zur Preisgestaltung ab, ändert er dadurch die Vergabeunterlagen. In diesem Fall ist sein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen. Legt ein Bieter ein Angebot vor, das auf einer unzulässigen Mischkalkulation basiert, so ist dieses ebenfalls von der Wertung auszuschließen (vgl. 2.5.2. Prüfung). Zur Untersuchung, ob eine unzulässige Mischkalkulation vorliegt, sollte der Bieter stets Gelegenheit erhalten, diesen Sachverhalt aufzuklären (vgl. 2.5.3. Nachforderung / Aufklärung). Ein Ausschluss darf nur dann erfolgen, wenn ihm dies nicht gelingt.
Rechtsvorschriften
Die VOB/A regelt außerdem ausdrücklich einen weiteren Ausschlussgrund für Angebote und Teilnahmeanträge. Hat sich der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen vorbehalten, die Vorlage gewisser Erklärungen und Nachweise zu fordern, kann er diese Erklärungen und Nachweise zu einem Zeitpunkt nach Eingang der Angebote / Teilnahmeanträge unter Setzung einer angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist anfordern. Legt der Bewerber / Bieter diese Erklärungen und Nachweise auf die Anforderung hin nicht innerhalb der Frist vor, ist sein Angebot zwingend auszuschließen.
Rechtsvorschriften
Die SektVO normiert keine ausdrücklichen Regelungen zum Ausschluss von Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträgen und Angeboten beziehungsweise keine Regelung zum Ausschluss der eingereichten Unterlagen aus formellen Gründen. Auch für Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote im Sektorenbereich kommt ein Ausschluss aufgrund formeller Mängel in Betracht. Verspätete Unterlagen müssen aufgrund des Gleichbehandlungsprinzips immer zwingend ausgeschlossen werden. Auch Unterlagen, die nicht den Formerfordernissen entsprechen, die der Auftraggeber selbst in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen aufgestellt hat, müssen zwingend ausgeschlossen werden. Die Formerfordernisse dürfen aus Gleichbehandlungsgründen nicht erst im Nachhinein zugunsten oder zuungunsten einzelner Bieter geändert werden. Ebenso werden Angebote ausgeschlossen, die Änderungen der Vergabeunterlagen enthalten oder nicht unterschrieben sind. Im Wesentlichen können die allgemeinen Regelungen zum Ausschluss, die in der Vergabeverordnung gelten, auch im Geltungsbereich der SektVO als Orientierungshilfe herangezogen werden.
Bereits in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen stellt der Auftraggeber Wertungs- bzw. Zuschlagskriterien auf. Neben der Leistungsbeschreibung, der Vorgabe von Eignungskriterien und ggf. Ausführungsbedingungen stellt die Festlegung von Zuschlagskriterien ein zentrales Element der Planung und Durchführung eines jeden Vergabefahrens dar. Denn nach den Zuschlagskriterien bestimmt sich letztlich, welches Angebot aus dem Kreis der geeigneten Bieter den Zuschlag erhält und wer der künftige Vertragspartner des Auftraggebers wird.
Die Zuschlagsentscheidung ist eine Wertungsentscheidung. Im Gegensatz zur Eignung eines Unternehmens, die im Rahmen der Angebotsprüfung – zumindest im offenen Verfahren – absolut festgestellt wird (Eignung liegt vor oder liegt nicht vor), gibt es bei der Wertung verschiedene Abstufungen. Es können zwar mehrere Angebote den Zuschlagskriterien entsprechen, gesucht wird aber dasjenige Angebot, das die aufgestellten Zuschlagskriterien am besten erfüllt. Zu diesem Zweck sind die Zuschlagskriterien vom Auftraggeber mit einer Wertungsskala und -matrix zu versehen und es sind Einzelheiten für die Beurteilung im Rahmen dieser Wertungsskala festzulegen. Letztendlich handelt es sich bei der Wertung anhand der Zuschlagskriterien um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Rechtsvorschriften
Allgemeine Zulässigkeit der Kriterien
Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Um festzustellen, welches das beste Preis-Leistungs-Verhältnis ist, können als Hauptzuschlagskriterien ausschließlich
- der Preis und/oder den Kosten und ggf.
- qualitative,
- umweltbezogene und/oder
- soziale Aspekte
berücksichtigt werden.
Als Zuschlagskriterien sind insbesondere denkbar (Aufzählung ist nicht abschießend):
- die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen,
- die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann oder
- die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen.
Zur Ermittlung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses und damit des wirtschaftlichsten Angebotes müssen der Angebotspreis beziehungsweise die Kosten ins Verhältnis gesetzt werden zur Leistung, die im Rahmen des Auftrages erbracht werden soll. Dazu bestehen folgende Möglichkeiten:
- Wertung von ausschließlich Preis / Kosten oder
- Wertung von Preis / Kosten und (qualitativen, umweltbezogenen und / oder sozialen) Zuschlagskriterien oder
- Wertung von ausschließlich (qualitativen, umweltbezogenen und / oder sozialen) Zuschlagskriterien.
Soll die Wertung ausschließlich unter Berücksichtigung von Preis / Kosten erfolgen, ist der Zuschlag auf das preislich günstigste Angebot (unter Berücksichtigung aller festgelegten Kostenteile) zu erteilen. Dabei ist zu beachten, dass die Eigenschaften, die der Auftraggeber neben dem Preis noch beachten will, durch verbindliche Vorgaben in der Leistungsbeschreibung festgeschrieben werden können. So erhält der Auftraggeber nur vergleichbare Angebote. Der Auftraggeber muss den Zuschlag dann nur auf ein Angebot erteilen, das genau die Qualität hat, die er sich konkret vorgestellt und beschrieben hat. Angebote, welche der Leistungsbeschreibung nicht entsprechen, sind unvollständig oder enthalten Änderungen an den Vergabeunterlagen und müssen folglich ausgeschlossen werden (vgl. 2.5.4. Ausschluss).
Bei der Wertung anhand von Preis / Kosten und anderen (qualitativen, umweltbezogenen und / oder sozialen) Zuschlagskriterien werden sowohl die Höhe der Preise bzw. Kosten, als auch die Erfüllung der anderen Zuschlagskriterien verglichen und zueinander in ein zuvor transparent aufgezeigtes Verhältnis (Wertungsmatrix) gesetzt.
Bei der Wertung über ausschließlich qualitative, umweltbezogene und / oder soziale Zuschlagskriterien wird zunächst von einer vom Auftraggeber oder gesetzlich vorgegebenen preislich für alle Unternehmen einheitlichen verbindlichen Struktur ausgegangen. Die Feststellung der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Angebote erfolgt dann über die transparent aufgestellten und ins Verhältnis (Wertungsmatrix) gesetzten nichtpreislichen Zuschlagskriterien.
Die Festlegung der konkreten Zuschlagskriterien steht im Ermessen des Auftraggebers. Grundsätzlich hat der Auftraggeber hier einen weiten Ermessensspielraum. Dieser findet seine Begrenzung in den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz. Daher sind die Zuschlagskriterien so zu gestalten, dass dem Auftraggeber bei der Zuschlagserteilung keine unbeschränkte Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird.
Die Zuschlagskriterien müssen so bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs der konkurrierenden Angebote gewährleistet wird. Es muss wirksam überprüft werden können, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Der Zuschlag darf nicht willkürlich erteilt werden. Die Zuschlagskriterien müssen daher so aufgestellt werden, dass sie nur eine objektive und auch transparente Prüfung der Angebote zulassen.
Falls sich der Auftraggeber dazu entscheidet, Nebenangebote zuzulassen, muss er die Zuschlagskriterien so festlegen, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind. Der Auftraggeber muss sich gerade bei der Zulassung von Nebenangeboten sorgfältig Gedanken darüber machen, wie er diese im Verhältnis zum Hauptangebot und zu anderen Nebenangeboten bei der Wertung berücksichtigen möchte und diese gegenüber den Unternehmen transparent kommunizieren. Auch bei Nebenangeboten darf das wirtschaftlich günstigste Angebot allein auf der Grundlage des Preises ermittelt werden. Als Korrektiv hat der Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen Mindestbedingungen festzulegen, welche die Nebenangebote erfüllen müssen, um berücksichtigt zu werden (vgl. 2.2. Vorbereitung und Vergabeunterlagen; 2.5.2. Prüfung).
Bezug zum Auftragsgegenstand
Die aufgestellten Zuschlagskriterien müssen stets mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Das heißt, dass zwischen den Zuschlagskriterien und der ausgeschriebenen Leistung ein sachlicher Zusammenhang bestehen muss. Fehlt die Verbindung der Zuschlagskriterien zum Auftragsgegenstand, besteht die Gefahr, dass der Zuschlag aus sachfremden Erwägungen auf ein Angebot erteilt wird, obwohl dessen Wirtschaftlichkeit aus objektiver vergaberechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar erscheint.
Das Kriterium des Preises für die ausgeschriebene Leistung weist stets den erforderlichen Auftragsbezug auf. Auch andere wirtschaftlich-finanziellen Kriterien stehen in der Regel unmittelbar in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand.
Bei allen anderen (qualitativen, umweltbezogenen und sozialen) Aspekten muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein Auftragsbezug besteht.
Der nötige Auftragsbezug eines Zuschlagskriteriums kann auch dann angenommen werden, wenn sich das Kriterium auf ein beliebiges Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht. Dies betrifft insbesondere Zuschlagskriterien, die sich auf die folgende – nicht abschließende – Aufzählung beziehen:
- Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung der Leistung (auch der Rohstoffgewinnung),
- Prozesse im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Leistung
- Prozesse im Zusammenhang mit der Entsorgung der Leistung, oder
- mit dem Handel mit der Leistung (insbesondere bei Warenlieferungen).
Keine Verbindung zum Auftragsgegenstand können hingegen Kriterien bezüglich der allgemeinen Unternehmenspolitik haben, da es sich dabei nicht um einen Faktor handelt, der den konkreten Prozess der Herstellung oder Bereitstellung der beauftragten Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen charakterisiert. Auftraggeber dürfen nicht losgelöst vom Beschaffungsgegenstand von Bietern eine bestimmte Politik der sozialen oder ökologischen Verantwortung verlangen.
Preis / Kosten
Der Preis ist der konkrete Betrag, zu dem die ausgeschriebene Leistung angeboten wird. Die Kosten hingegen müssen unter Einbeziehung weiterer Faktoren, wie z.B. dem finanziellen Aufwand für Betrieb und Wartung des Beschaffungsgegenstands errechnet werden. In diese Rechnung werden alle Kosten einbezogen, die für die Nutzung des Beschaffungsgegenstandes anfallen.
Der Preis bzw. preisliche Komponenten und / oder die Kosten müssen bei der Angebotsbewertung zwingend berücksichtigt werden. Nur so kann das beste Preis-Leistungs-Verhältnis ermittelt werden. Das Kostenelement kann jedoch auch berücksichtigt werden, indem der Auftraggeber bei der Ausschreibung einen Festpreis beziehungsweise Festkosten bestimmt, sodass die Angebote zwar auf der Basis der vorgegebenen Kosten erstellt werden müssen; der Wettbewerb aber ausschließlich über die Qualität bzw. soziale und umweltbezogene Aspekte stattfindet.
Preisnachlass. In der VOB/A (EU) ist vorgesehen, dass auch vom Bieter angebotene Nachlässe auf den eigentlich errechneten Angebotspreis unter bestimmten Voraussetzungen in die Angebotswertung einfließen können. Wenn Preisnachlässe im Rahmen der Wertung des Preises berücksichtigt werden sollen, müssen diese Preisnachlässe explizit in den Vergabeunterlagen gefordert werden. Für einen Preisnachlass hat der Auftraggeber nämlich eine Stelle in den Vergabeunterlagen vorzusehen. Denn Preisnachlässe, die nicht an einer vom Auftragnehmer in den Vergabeunterlagen vorgesehenen Stelle aufgeführt sind, können nicht gewertet werden.
Dabei muss zwischen Preisnachlässen ohne Bedingungen und Preisnachlässen mit Bedingungen unterschieden werden. Ein Preisnachlass ohne Bedingungen ist ein Abschlag auf die Angebotssumme, der nicht an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, insbesondere keine Bedingungen an Vergabeunterlagen stellt. Erfasst werden hier Preisnachlässe der Gesamtangebotssumme, nicht Abschläge auf einzelne Preispositionen. Preisnachlässe ohne Bedingungen dürfen bei der Angebotswertung berücksichtigt werden.
Preisnachlässe mit Bedingungen dürfen nicht zulässigerweise vom Auftraggeber gefordert werden. Wenn diese dennoch unaufgefordert angeboten werden, dürfen sie grundsätzlich bei der Angebotswertung nicht berücksichtigt werden. Auch Preisnachlässe mit Bedingungen für die Zahlungsfrist, sog. Skonti, dürfen nicht gewertet werden. Hier verspricht der Bieter einen Preiserlass für den Fall, dass gewisse Zahlungen innerhalb einer vom Bieter festgelegten Frist eingehen.
Preisnachlässe mit Bedingungen sind als Nebenangebote, genauer kaufmännische Nebenangebote zu betrachten, da die Bedingungen Abweichungen von den Vergabeunterlagen enthalten. Ob solche Preisnachlässe im Rahmen der Wertung eines Nebenangebots berücksichtigt werden dürfen, richtet sich danach, ob das Einreichen von Nebenangeboten im betreffenden Verfahren zulässig ist (vgl. 2.5.2. Prüfung).
Im Geltungsbereich der VgV und der SektVO kann ein Auftraggeber bei der Ermittlung der Kosten eines Angebotes sämtliche über den gesamten Lebenszyklus der Leistung anfallende Kosten als Zuschlagskriterium berücksichtigen. Dafür ist das Zuschlagskriterium der „Kosten“ auch auf Grundlage der Lebenszykluskosten der Leistung berechnen.
Will der Auftraggeber die Lebenszykluskosten bei seiner Vergabeentscheidung berücksichtigen, so muss er dies zur Wahrung der Transparenz des Vergabeverfahrens bereits in der Auftragsbekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen kenntlich machen und die von ihm gewählte Berechnungsmethode ebenso angeben wie die Informationen, welche Unternehmen ihm zur Berechnung zu übermitteln haben. Die Berechnungsmethode kann insbesondere umfassen:
- leistungsbezogene Kostenfaktoren:
- die Anschaffungskosten (einschließlich der Kosten für durchzuführende Forschung, Entwicklung, Produktion und Transport),
- die Nutzungskosten, insbesondere den Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen,
- die Wartungskosten,
- Kosten am Ende der Nutzungsdauer, insbesondere die Abholungs-, Entsorgungs- oder Recyclingkosten, oder
- umweltbezogene Kostenfaktoren:
- Kosten, die durch die externen Effekte der Umweltbelastung entstehen, die mit der Leistung während ihres Lebenszyklus in Verbindung stehen, sofern ihr Geldwert bestimmt und geprüft werden kann; solche Kosten können Kosten der Emission von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen sowie sonstige Kosten für die Eindämmung des Klimawandels umfassen.
Die Methode zur Berechnung der Kosten, die durch die externen Effekte der Umweltbelastung entstehen, muss folgende Bedingungen erfüllen, um den Anforderungen der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Nachprüfbarkeit gerecht zu werden:
- Sie beruht auf objektiv nachprüfbaren und nichtdiskriminierenden Kriterien; ist die Methode nicht für die wiederholte oder dauerhafte Anwendung entwickelt worden, darf sie bestimmte Unternehmen weder bevorzugen noch benachteiligen,
- sie ist für alle interessierten Beteiligten zugänglich und
- die zur Berechnung erforderlichen Informationen lassen sich von Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht im üblichen Maße nachkommen, einschließlich Unternehmen aus Drittstaaten, die dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen oder anderen, für die Europäische Union bindenden internationalen Übereinkommen beigetreten sind, mit angemessenem Aufwand bereitstellen.
Sofern eine Methode zur Berechnung der Lebenszykluskosten durch einen Rechtsakt der Europäischen Union verbindlich vorgeschrieben worden ist, hat der Auftraggeber diese Methode in der Auftragsbekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen vorzugeben.
Rechtsvorschriften
Qualitative Kriterien
Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots kann der Auftraggeber auch qualitative Aspekte bewerten. Welche Kriterien neben Preis und Kosten zur Wertung von Angeboten denkbar sind, wird in der Vergabeverordnung – nicht abschießend – aufgezählt:
- die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen,
- die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann und
- die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen
Alle in dieser Aufzählung genannten Kriterien haben qualitative Elemente. Der unter Nummer 1 aufgeführte Aspekt Qualität umfasst gleichzeitig auch die sozialen und umweltbezogenen Aspekte. Die unter Nummer 2 und 3 aufgezählten Merkmale sind hingegen als rein qualitative Aspekte einzuordnen. Exemplarisch werden nachfolgend einige der qualitativen Zuschlagskriterien beschrieben:
Prozessqualität. Der Auftraggeber kann etwa bei Großprojekten als qualitatives Kriterium neben dem planerischen und technischen Wert oder den Betriebs- und Folgekosten auch die Qualität der Auftragsdurchführung, z. B. des Risikomanagements im Rahmen der Leistungserbringung als Zuschlagskriterium definieren. Qualitative Aspekte können auch Sicherheitsaspekte und sicherheitstechnische Anforderungen umfassen. Diese Faktoren haben – zumindest potentiell – auch finanzielle Auswirkungen auf die Leistungserbringung.
Technischer Wert. Im Rahmen dieses Wertungskriteriums wird insbesondere die Ausführung der Leistung beurteilt. In diesem Zusammenhang können beispielsweise die Materialen, die der Bieter für die Ausführung der Leistung anbietet, oder die Darstellung der geplanten Koordination der Leistungsabläufe in einem Konzept der Leistungserbringung bewertet werden. In der Regel kann der Auftraggeber die genaueren Modalitäten für die Ausführung der zu vergebenden Leistung bereits in der in der Leistungsbeschreibung definieren, sodass der technische Wert nur in den engen Grenzen der Vorgaben als Wertungskriterium berücksichtigt werden kann. Entscheidet sich der Auftraggeber jedoch für eine funktionale Ausschreibung, also eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, kann und muss er bis zu einem wesentlichen Teil auch die durch den Bieter geplante Ausführung der Leistung im Rahmen der Angebotswertung beachten. Hier kommt dem technischen Wert als Wertungskriterium im Vergleich zum vergaberechtlichen Normalfall einer abschließenden Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis also eine wesentlich tragendere Rolle zu.
Ästhetik. Im Rahmen der Qualität können auch ästhetische Aspekte berücksichtigt werden. Mit der Ästhetik als Zuschlagskriterium werden zumindest nicht unmittelbar geldbezogene Gesichtspunkte bewertet. Dennoch kann zum Beispiel die Ästhetik eines Gebäudes oder Produkts für den Auftraggeber auch wertbildend sein. Zudem ist die Ästhetik kein rein objektives Zuschlagskriterium, da für die Beurteilung von Schönheit auch immer die subjektive Wahrnehmung eine Rolle spielt. Daher ist es erforderlich, dass die Bewertung an dieser Stelle so weit wie möglich objektiviert wird, insbesondere ist die Wertungsentscheidung möglichst transparent zu gestalten.
Zweckmäßigkeit. Auch die Zweckmäßigkeit kann ein qualitatives Wertungskriterium sein. Unter dem Begriff der Zweckmäßigkeit lassen sich verschiedene Wertungsgesichtspunkte zusammenfassen. Da diese Wertungsgesichtspunkte durch den Begriff Zweckmäßigkeit nicht von vornherein fest definiert sind, ist darauf zu achten, dass keine intransparenten Zuschlagskriterien aufgestellt werden. Die Zuschlagskriterien sind gegenüber den Unternehmen so zu kommunizieren, dass – zumindest aus objektiver Sicht – verständlich und klar ist, was bewertet wird. Vorstellbar im Rahmen des Zweckmäßigkeitsaspekts ist insbesondere eine Bewertung der Benutzerfreundlichkeit der Leistung, zum Beispiel von Bürogeräten, die ausgeschrieben werden.
Zugänglichkeit. Eng im Zusammenhang mit der Benutzerfreundlichkeit einer Sache stehen die unter Nummer 1 erwähnte Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, die Übereinstimmung der Leistung mit Anforderungen des „Designs für Alle“ sowie die Vertriebs- und Handelsbedingungen. Dies sind in erster Linie soziale Kriterien, die aber auch Auswirkungen auf die Qualität haben. Auf die sozialen Kriterien soll, ebenso wie auf umweltbezogene Aspekte, unter den noch folgenden Titeln eingegangen werden.
Innovative Aspekte. Hat der Auftraggeber einen Beschaffungsbedarf, der nicht durch auf dem Markt bereits verfügbare Liefer- und Dienstleistungen befriedigt werden kann, kann er eine Innovationspartnerschaft mit dem Ziel der Entwicklung dieser Leistung eingehen. (vgl. 2.1.6. Innovationspartnerschaft) Über die sich durch das Verfahren der Innovationspartnerschaft ergebenden Möglichkeiten hinaus, kann die Innovation, insbesondere neue Technologien, Produkte und Designs, auch auf Zuschlagsebene berücksichtig und bewertet werden.
Personal. Desweiteren können Eigenschaften des Personals bewertet werden, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung und somit auch auf den wirtschaftlichen Wert der Leistung haben kann. Insbesondere bei geistig-schöpferischen Dienstleistungen wie Beratungstätigkeiten oder Architektenleistungen ist das eingesetzte Personal von erheblicher Bedeutung. Bewertet werden kann die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, es sind aber auch weitere Kriterien denkbar. Der Wertung zugrundezulegen ist immer die Qualität des konkret für den ausgeschriebenen Auftrag einzusetzenden Personals.
Kundendienst und technische Hilfe. Im Zusammenhang mit dem Wertungskriterium „Kundendienst und technische Hilfe“ wird die Qualität des Dienstes für die zu vergebenden Leistungen, zum Beispiel auch Wartungsdienst für Maschinen oder der Umfang von Beratungs- und Ersatzteilleistungen, bewertet. Dabei darf die Schnelligkeit des Kundendienstes beziehungsweise der technischen Hilfe bewertet werden. Die Bewertung darf jedoch nicht allein auf Grundlage der Ortsansässigkeit eines Unternehmens erfolgen. Dies würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen, da ein Unternehmen mit einer etwas größeren Entfernung vom Leistungsort somit automatisch gegenüber einem nähergelegenen Unternehmen diskriminiert würde.
Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen. Diese dürfen zwar als Zuschlagskriterien herangezogen werden, können vom Auftraggeber aber auch in der Leistungsbeschreibung oder im Leistungsverzeichnis vorgegeben werden. Möchte oder muss der Auftraggeber bereits festgelegte Fristen oder Bedingungen einhalten, empfiehlt es sich diese in den Vergabeunterlagen vorzuschreiben. Entscheidet sich der Auftraggeber dafür keine Lieferbedingungen vorzugeben oder einzelne Lieferbedingungen nicht vorzuschreiben, ist eine Bewertung der von den Bietern angebotenen Lieferbedingungen, zum Beispiel der Länge der Ausführungsfristen, möglich. Gibt es zu den Lieferbedingungen jedoch bereits Vorgaben in den Vergabeunterlagen, darf der Bieter keine abweichenden Bedingungen anbieten. Dies stellt eine Änderung an den Vergabeunterlagen dar, die zum Ausschluss des Angebotes führt.
Rechtsvorschriften
Umweltbezogene Kriterien
Umweltbezogene Kriterien sind in erster Linie die umweltbezogenen Eigenschaften einer Leistung, aber auch innovative Eigenschaften oder Vertriebs- und Handelsbedingungen können umweltbezogene Kriterien sein.
Umweltbezogene Kriterien können in den Kosten oder den qualitativen Kriterien enthalten sein. Beispielsweise kann der Energieverbrauch eines technischen Gerätes oder Bauwerkes anhand von umweltbezogenen Gesichtspunkten bewertet werden, da ein geringer Energieverbrauch die Umwelt weniger belastet. Aber auch eine Bewertung aus Kostensicht ist in diesem Fall denkbar, da ein geringer Energieverbrauch auch weniger Kosten verursacht.
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines umweltbezogenen Kriteriums ist insbesondere, dass es mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung steht. Der notwendige Bezug zum Auftragsgegenstand kann auch dann angenommen werden, wenn sich das Kriterium auf ein beliebiges Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht. Dies kann insbesondere Prozesse der Herstellung (auch der Rohstoffgewinnung) oder die Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung betreffen. Gleiches gilt z. B. für Kriterien, wonach zur Herstellung der zu beschaffenden Waren keine giftigen Chemikalien verwendet werden dürfen. Bewertet werden kann zum Beispiel auch, ob zu beschaffende Bücher auf Recyclingpapier oder Papier aus nachhaltigem Holz gedruckt wurden oder ob die auszuführenden Dienstleistungen unter Einsatz energieeffizienter Maschinen erbracht werden.
Kriterien zur allgemeinen Unternehmenspolitik weisen hingegen keinen Bezug zum Auftragsgegenstand auf, da durch die allgemeine Unternehmenspolitik konkrete Herstellungsprozesse oder die Bereitstellung der beauftragten Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen nicht beeinflusst werden. Die allgemeine Unternehmenspolitik ist als Wertungskriterium unzulässig. Demzufolge darf im Rahmen der umweltbezogenen Zuschlagskriterien auch nicht das allgemeine Umweltmanagement eines Unternehmens oder eine bestimmte Politik der ökologischen Verantwortung bewertet werden, wenn sie nicht mit dem Beschaffungsgegenstand in Verbindung stehen.
Soziale Kriterien
Nach der Vergabeverordnung umfasst die Qualität auch die
- Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen,
- ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“ sowie
- Vertriebs- und Handelsbedingungen.
Diese Eigenschaften sind – zumindest potenziell – Kriterien mit einem sozialen Schwerpunkt.
Zugänglichkeit. Die Zugänglichkeit der Leistung, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, kann als Wertungskriterium berücksichtigt werden. Damit wird auch der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung getragen. Diese schreibt vor, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel zu treffen haben, für Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang etwa zu Gebäuden, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten, zu Straßen, zu Transportmitteln und zu Informations-, Kommunikations- und anderen Diensten, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste zu gewährleisten. Diese Maßnahmen schließen die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren ein.
„Design für Alle“. Die Zugänglichkeit der Leistung für Menschen mit Behinderungen ist auch ein Teil des Wertungskriteriums „Design für Alle“. Der Begriff des „Designs für Alle“ erfasst über die Zugänglichkeit der Leistungen für Menschen mit Behinderungen hinaus auch die Nutzbarkeit und Erlebbarkeit für möglichst alle Menschen. In diesem Rahmen kann bewertet werden, ob zum Beispiel Bauten, Produkte und Dienstleitungen auf eine Art und Weise gestaltet sind, dass sie die Bandbreite menschlicher Fähigkeiten, Fertigkeiten, Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigen, ohne Nutzer durch Speziallösungen zu stigmatisieren. Das Kriterium des „Designs für Alle“ schließt also die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen ein, sodass auch bei diesem Zuschlagskriterium die Vorgaben zur Sicherstellung der Barrierefreiheit zu beachten sind.
Zwar können die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit einer Leistung für ein möglichst breites Publikum auch ein kostenrelevanter Aspekt sein. Aufgrund der Festlegung, dass auch die soziale Kriterien an sich bewertet werden können, müssen sich die sozialen Eigenschaften der Leistung aber nicht unbedingt auf die Kosten auswirken.
Vertriebs- und Handelsbedingungen. Die sozialen Kriterien müssen sich nicht zwingend auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken. So können auch Vertriebs- und Handelsbedingungen in sozialer Hinsicht bei der Angebotswertung berücksichtigt werden. Zum Beispiel darf in diesem Zusammenhang bewertet werden, ob ein zu beschaffendes Produkt aus fairem Handel stammt. Ein Produkt aus fairem Handel (z. B. durch die Beachtung internationaler Standards, wie etwa die ILO-Kernarbeitsnormen entlang der Produktions- und Lieferkette) kann dann im Rahmen der Zuschlagswertung mit einer höheren Punktezahl versehen werden als ein konventionell gehandeltes Produkt. Damit steigen dessen Chancen, auch bei einem höheren Angebotspreis den Zuschlag zu erhalten.
Nicht bewertet werden dürfen Kriterien der allgemeinen sozialbezogenen Unternehmenspolitik, wenn diese keinen Bezug zum Auftragsgegenstand aufweisen.
Vorgabe von Festpreisen / Festkosten
Der Preis oder die Kosten müssen bei der Angebotsbewertung immer zwingend berücksichtigt werden. Das Kostenelement kann jedoch auch in Form von Festpreisen oder Festkosten bzw. gesetzlich vorgegeben Preisen bzw. Kosten berücksichtigt werden. Der Auftraggeber hat die Möglichkeit, Festpreise oder Festkosten vorzugeben, welche die Unternehmen bei der Erstellung ihres Angebotes einzuhalten haben. So wird das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach den angegebenen qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien ermittelt.
Diese Vorgehensweise bietet sich an, wenn der Auftraggeber nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung hat. Sie liegt auch insbesondere dann nahe, wenn die Vergütung für bestimmte Dienstleistungen oder die Festpreise für bestimmte Lieferungen durch nationale Vorschriften festgelegt sind. So ist es möglich, das Preis-Leistungs-Verhältnis ausschließlich auf der Grundlage anderer Faktoren als des Preises oder der Vergütung zu bewerten. Je nach Dienstleistung oder Ware könnten solche Faktoren beispielsweise die Liefer- und Zahlungsbedingungen, Kundendienstaspekte oder ökologische oder soziale Aspekte einschließen.
Ein Wettbewerb, der ausschließlich über die Qualität beziehungsweise umwelt- und sozialbezogene Kriterien stattfindet, kann auch bei einer funktionalen Ausschreibung – einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (vgl. 2.2. Vorbereitung und Vergabeunterlagen) – von Vorteil sein. Bei einer funktionalen Ausschreibung schreibt der Auftraggeber lediglich den Zweck oder die Funktion des Auftrags vor, überlässt aber die Lösung, wie dieses Ziel und diese Funktion erreicht werden können, dem Bieter, der den Zuschlag erhält. Hat der Auftraggeber nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung, kann er dieses als Festpreis vorgeben und das wirtschaftlichste Angebot durch die Bewertung der qualitativ besten angebotenen Leistungsausführung bzw. des besten angebotenen Lösungsweges bestimmen.
Verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung müssen bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots beachtet werden. Öffentliches Preisrecht, wie zum Beispiel die Kosten nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), sind vom Auftraggeber als Festkosten vorzugeben.
Bei Geltung einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung, sind die entsprechenden Honorarvorgaben bei der Beurteilung des Zuschlagskriteriums "Preis" entsprechend zu berücksichtigen. Sofern die Gebühren- oder Honorarordnung für die betreffende Leistung keine Schwankungsbreite zulässt, ist vom Auftraggeber das festgelegte Honorar als fixe Position in Anschlag zu bringen. Die Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots kann dann nur aufgrund der Bewertung anderer Zuschlagskriterien als des Zuschlagskriteriums "Preis" erfolgen.
Für Architekten- und Ingenieurleistungen gilt zum Beispiel die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Wesentliches Zuschlagskriterium für diese Dienstleistungen soll die Qualität sein. Der Preis ist durch die gesetzliche Gebühren- und Honorarordnung (HOAI) weitgehend vorgegeben. Deshalb soll die Beurteilung des wirtschaftlichsten Angebotes bei Vergabeverfahren für Architekten- und Ingenieurleistungen insbesondere anhand von qualitativen Kriterien erfolgen.
Rechtsvorschriften
Unterlagen zur Nachweisführung
Für den Nachweis, ob und inwieweit die angebotene Leistung den geforderten Zuschlagskriterien entspricht, kann der Auftraggeber eine entsprechende Nachweisführung verlangen. Diese Nachweisführung kann insbesondere durch die Vorlage von Bescheinigungen – insbesondere Testberichten oder Zertifizierungen – einer Konformitätsbewertungsstelle oder die Vorlage von Gütezeichen durch den Bieter erfolgen (vgl. 2.2.4 Leistungsbeschreibung).
Keine Vermischung von Eignung und Wertung
Die Zuschlagskriterien sind streng von den Eignungskriterien zu trennen. Zuschlagskriterien dienen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes, Eignungskriterien werden zur Prüfung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Unternehmen aufgestellt, um zu ermitteln, ob die Unternehmen überhaupt in der Lage sind, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen.
Die Eignung der Unternehmen wird nach der Abgabe eines Angebotes anhand der von dem Auftraggeber aufgestellten Eignungskriterien geprüft und festgestellt. Ein Unternehmen kann entweder geeignet sein oder nicht. Im Rahmen der Angebotswertung darf nicht berücksichtigt werden, ob ein Unternehmen besser oder schlechter geeignet ist: Es gibt bei der Angebotswertung kein „Mehr an Eignung“. Eine Rangliste, die abbildet, welche Unternehmen am besten geeignet sind, kann nur im Rahmen eines der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs zur Feststellung des Grades der Eignung erstellt werden (vgl. 2.4.3. Teilnahmewettbewerb und Reduzierung), darf aber nicht bei der Prüfung und Wertung der Angebote erstellt werden.
Die Qualität des Personals, das einem Unternehmen insgesamt zur Verfügung steht, ist ein Eignungskriterium. Es darf aber die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals im Rahmen der Angebotswertung als Zuschlagskriterium Berücksichtigung finden, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Eigenschaften des Personals als Zuschlagskriterien aufzustellen ist dann zulässig, wenn das konkret zum Einsatz vorgesehene Personal und nicht die Leistungsfähigkeit des Bieters als Gesamtunternehmen bei der Angebotswertung berücksichtigt werden soll.
Unterkriterien
Um die Zuschlagskriterien genauer zu beschreiben und inhaltlich greifbarer zu machen, können jeweils Unterkriterien gebildet werden. Die Hauptkriterien und deren Bewertung werden durch die Unterkriterien transparenter. Gelangt der Auftraggeber zu der Überzeugung, dass auch die Unterkriterien gemessen an dem Transparenzgebot inhaltlich noch nicht differenziert genug sind, kann er zu den Unterkriterien jeweils noch Unter-Unter-Kriterien bilden.
Inwieweit eine Verpflichtung des Auftraggebers besteht, Unterkriterien auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Auftraggeber muss für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist jedenfalls erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden.
Gewichtung
Die Zuschlagskriterien sind zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots durch den Auftraggeber zu gewichten. Dazu sind die verschiedenen Zuschlagskriterien zueinander ins Verhältnis zu setzen.
Die Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Bandbreite der Spanne angemessen ist. Angemessen ist die Bandbreite, solange die Unternehmen das Verhältnis der Bedeutung der Zuschlagskriterien erkennen können. Die Angabe der Gewichtung mittels einer Spanne kommt insbesondere bei Funktionalausschreibungen in Betracht, bei denen mehrere technische Lösungen möglich sind, die nicht im Einzelnen neutral beschrieben werden können. Will der Auftraggeber im Rahmen der Funktionalausschreibung seine Entscheidung für eine technische Lösung erst aufgrund der Angebote treffen, kann es problematisch sein, die konkrete Gewichtung der Zuschlagskriterien schon in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festzulegen. Durch die Angabe einer Gewichtungsspanne hält sich der Auftraggeber einen gewissen Spielraum offen.
Ist die Gewichtung aus objektiven Gründen nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge an. Dieser Weg darf nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen angewendet werden, da bei der Gewichtung insbesondere das Willkürverbot zu beachten ist.
Auch die zu den Hauptzuschlagskriterien jeweils gebildeten Unterkriterien sind zu gewichten. Es ist zu bestimmen, wie stark das jeweilige Unterkriterium die Bewertung des Hauptkriteriums beeinflusst. Dies dient der Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Bieter. Allerdings muss im Einzelfall geprüft werden, inwieweit die Bekanntgabe der Gewichtung solcher Unterkriterien und Unter-Unterkriterien aus Transparenzgründen wirklich notwendig ist oder ob dies zu einer Unpraktikabilität führt und damit dem Hauptziel – der Einholung wirtschaftlicher Angebote – nicht mehr gerecht wird.
Der Preis darf als Wertungskriterium nicht marginalisiert werden. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, die ihm zur Verfügung stehenden Gelder möglichst sparsam und effektiv zu verwenden (Wirtschaftlichkeitsgebot). Der Auftraggeber darf sogar den Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium bestimmen, sofern andere Kriterien nicht geeignet sind oder nicht erforderlich erscheinen. Hat der Auftraggeber nur ein einziges Zuschlagskriterium, den Preis, festgelegt, wird dieses mit 100% gewichtet.
Andererseits können aber auch Festpreise oder Festkosten vorgegeben werden. Gerade bei funktionalen Ausschreibungen – also Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogramm, bei denen nicht der Auftraggeber komplett vorgibt, wie die Leistung auszuführen ist, sondern auch das vom Bieter angebotene Konzept für die Leistungsausführung bewertet – sollte nicht nur der Preis, sondern vor allem die Qualität der geplanten Leistungsausführung in der Gewichtung eine entscheidende Rolle spielen.
In der Praxis werden im Wesentlichen folgende Gewichtungsmethoden angewendet:
- Bewertungsmatrix,
- Einseitige lineare Interpolationsmethode,
- Umgekehrter Dreisatz,
- Einfache Richtwertmethode,
- Erweiterte Richtwertmethode und
- Gewichtete Richtwertmethoden.
Bekanntgabe der Kriterien und ihrer Gewichtung
Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen den Unternehmen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekanntgegeben werden. Ein späteres Nachschieben ist unzulässig. Die Zuschlagskriterien müssen so formuliert sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in der gleichen Weise verstehen können. Die Unternehmen sollen vorhersehen können, worauf es dem Auftraggeber in besonderem Maße ankommt. Dies dient der Sicherstellung der Transparenz des Vergabeverfahrens und der Chancengleichheit der Bieter.
Nicht nur die Zuschlagskriterien und die Gewichtungsregeln, sondern auch die Unterkriterien und deren Gewichtung, Preisumrechnungsformeln, auf wie viele Stellen nach dem Komma das entsprechende Ergebnis gerundet wird, Beurteilungsmaßstäbe und Bewertungsmatrizen sind den Unternehmen vollständig offenzulegen. Der Auftraggeber darf sich nicht darauf beschränken, die Zuschlagskriterien als solche zu benennen, sondern hat den Bietern auch die hierzu aufgestellten Unterkriterien mitzuteilen.
Nach der formellen Prüfung der Angebote (vgl. 2.5.2. Prüfung) und – ggf. im offenen Verfahren – der Eignungsprüfung (vgl. 2.4. Eignung) werden die eingegangenen Angebote zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes entsprechend der aufgestellten Zuschlagskriterien vom Auftraggeber gewertet.
Verpflichtung zur Anwendung der Wertungssystematik
Der Auftraggeber ist verpflichtet, sich bei der Auswertung der Angebote strikt an das von ihm gegenüber den Bietern kommunizierte Wertungssystem zu halten. Dabei hat er vollständig und ausschließlich die bekanntgegebenen Zuschlagskriterien und deren Gewichtung zu berücksichtigen. Das folgt aus dem vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot.
Mathematische Wertung
Preisliche Kriterien und andere Kriterien werden mathematisch gewertet. Diese Kriterien zeichnen sich dadurch aus, dass die von den Bietern angegebenen Informationen – wie beispielweise Preisangaben, Kosten oder Verbrauchswerte sowie Ausführungszeiträume – Zahlen sind. Anhand dieser Zahlen werden dann mittels der bekanntgegebenen Formel die Wertungspunkte für den jeweiligen Bieter errechnet. Diese werden dann entsprechend der bekanntgegebenen Gewichtungsformel gewichtet (vgl. 2.5.5. Zuschlagskriterien).
Wertung mit Beurteilungsspielraum
Der mathematischen Wertung steht die Wertung mit Beurteilungsspielraum gegenüber. Hier sind die vom Bieter eingereichten Informationen keine Zahlen, sondern Angaben wie zum Beispiel Konzepte oder Angaben zu qualitativen, sozialen und umweltbezogenen Aspekten. Die Auswertung dieser Informationen erfolgt durch den Auftraggeber anhand des über die Auftragsbekanntmachung und die Vergabeunterlagen kommunizierten Beurteilungsmaßstabs. Bei der Bewertung anhand dieses Maßstabs steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Er muss sich aber zwingend an den von ihm aufgestellten Beurteilungsmaßstab halten (vgl. 2.5.5. Zuschlagskriterien).
Die Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den Auftraggeber ist durch die Vergabekammern und die Gerichte nur eingeschränkt überprüfbar. Die Nachprüfbarkeit erstreckt sich im Wesentlichen auf mögliche Beurteilungsfehler des Auftraggebers. Ein Beurteilungsfehler liegt insbesondere vor, wenn der Auftraggeber bei der Beurteilung von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist, sachfremde Erwägungen angestellt oder sich nicht an den von ihm aufgestellten Beurteilungsmaßstab gehalten hat.
Im Ergebnis erhält jeder Bieter die sich aus der Beurteilung ergebenden Wertungspunkte, die dann anhand der gegenüber den Bietern kommunizierten Wertungssystematik gewichtet werden.
Angebote, die Erzeugnisse aus Drittländern umfassen. Im Geltungsbereich der SektVO kann der Auftraggeber Angebote zurückweisen, bei denen der Warenanteil zu mehr als 50% des Gesamtwertes aus sogenannten Drittländern stammt. Das Zu den Waren im Sinne dieser Vorschrift gehört auch S0ftware, die in der Ausstattung für Telekommunikationsnetze verwendet wird.
Voraussetzung ist hier, dass Teile der angebotenen Waren aus Drittländern stammen. Das sind zum Einen Länder, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, und zum Anderen Länder, mit denen auch keine sonstigen Vereinbarungen über den gegenseitigen Marktzugang bestehen. Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind alle EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein. Mit welchen Ländern sonstige Vereinbarungen über den gegenseitigen Marktzugang bestehen, gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Bundesanzeiger bekannt.
Stammt der angebotene Warenanteil zu mehr als 50% des Gesamtwertes aus diesen Ländern, wird dem Auftraggeber durch diese Regelung die Möglichkeit eingeräumt, das Angebot zurückzuweisen. Der Auftraggeber kann also sein Ermessen dahingehend ausüben, ob das Angebot zurückgewiesen wird oder nicht.
Sind zwei oder mehr Angebote nach den Zuschlagskriterien gleichwertig, so ist der Auftraggeber verpflichtet, dasjenige Angebot zu bevorzugen, das nicht wie oben beschrieben aufgrund von Erzeugnissen aus Drittländern zurückgewiesen werden kann. Die Preise der Angebote sind als gleichwertig anzusehen, wenn sie nicht um mehr als 3 Prozent voneinander abweichen. Hierbei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung des Auftraggebers. Ermessen steht ihm nicht zu.
Allerdings muss ein Angebot dann nicht bevorzugt werden, wenn diese Bevorzugung zum Erwerb von Ausrüstungen führen würde, die andere technische Merkmale als die vom Auftraggeber bereits genutzten Ausrüstungen aufweisen und dadurch bei Betrieb und Wartung zu Inkompatibilität oder technischen Schwierigkeiten oder zu unverhältnismäßigen Kosten führen würde.
Rechtsvorschriften
Vier-Augen-Prinzip
An der Entscheidung über den Zuschlag sollen in der Regel mindestens zwei Vertreter des Auftraggebers mitwirken. Die Entscheidung über den Zuschlag entfaltet weitreichende tatsächliche und rechtliche Folgen und kann einen erheblichen Eingriff in die Rechte eines nicht zum Zuge gekommenen Unternehmens darstellen. Das hier vorgegebene „Vier-Augen-Prinzip“ bei der Zuschlagsentscheidung dient der Transparenz und Gleichbehandlung der Unternehmen im Vergabeverfahren. Es soll verhindern, dass unsachgemäße Erwägungen oder Eigeninteressen der Entscheidungsperson die Vergabeentscheidung beeinflussen.
Nur in begründeten Einzelfällen darf die Entscheidung über den Zuschlag von einem einzelnen Vertreter des Auftraggebers getroffen werden.
Im Rahmen der Angebotsprüfung ist der Auftraggeber gehalten, die Preise auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Dabei wird er insbesondere überprüfen, ob sich die Preise im orts- und marktüblichen Rahmen bewegen. Sofern der Auftraggeber feststellt, dass sich die angebotenen Preise außerhalb dieses Rahmens bewegen, wird er die Zusammensetzung der Preise erforschen und unangemessene Angebote ggf. ausschließen.
Von einem ungewöhnlich niedrigen Angebot ist auszugehen, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen. Auftraggeber können solche Angebote ausschließen, da sie auf technisch, wirtschaftlich oder rechtlich fragwürdigen Annahmen basieren. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Angebote, bei denen aufgrund eines erheblich zu gering kalkulierten Preises zu erwarten ist, dass das jeweilige Unternehmen nicht in der Lage sein wird, die Leistung vertragsgerecht oder rechtskonform auszuführen, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können.
Erscheinen ungewöhnlich niedriger Preise oder Kosten
Ob der Verdacht eines unauskömmlichen Angebotes besteht, ist vom Auftraggeber zu beurteilen. In der Praxis wird er hierzu vor allem seine interne Kostenschätzung und die Angebote der Mitbewerber heranziehen. Aus dieser Gesamtschau und ggf. aus Erfahrungen aus Parallelverfahren oder aus der Praxis wird der Auftraggeber die angebotenen Preise als angemessen oder als ungewöhnlich hoch bzw. ungewöhnlich niedrig bewerten. Sofern der Verdacht eines unangemessen niedrigen Preises besteht, nimmt der Auftraggeber eine entsprechende detailliertere Preisprüfung vor, um die Kalkulationsgrundlagen zu erforschen und so die Auskömmlichkeit eines Angebotes bewerten zu können.
Prüfung der Zusammensetzung des Angebots
Sobald beim Auftraggeber der Verdacht eines unangemessen niedrigen Angebotes erwächst, ist er berechtigt und verpflichtet, umfassende Erklärungen und Erläuterungen bzgl. der Kalkulationsgrundlagen von dem betreffenden Bieter zu verlangen. Dabei kann die Preisprüfung insbesondere folgende Aspekte umfassen:
- die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
- die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
- die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
- die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften oder
- die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.
Aufklärungsnotwendigkeit
Bevor ein Ausschluss eines Angebots wegen eines unangemessen niedrigen Preises in Betracht kommt, hat der Auftraggeber die Preisgestaltung aufzuklären. Zu diesem Zweck hat er sich an den jeweiligen Bieter zu wenden und ihn um Auskunft über die Zusammensetzung der angebotenen Preise zu ersuchen. Dabei sind diejenigen Positionen, die Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit begegnen, entsprechend zu benennen. Dies bedeutet, dass der betroffene Bieter einen Anspruch auf rechtliches Gehör hat.
Fakultative Ablehnung des Angebots
Sofern die Vermutung eines ungewöhnlich niedrigen Angebotes berechtigt vorliegt und eine Aufklärung nicht zufrieden stellend durchgeführt werden kann, kann der Auftraggeber den Zuschlag auf das unklare Angebot ablehnen. Eine nicht zufriedenstellende Aufklärung liegt vor, wenn das jeweilige Unternehmen zur Aufklärung Angaben einreicht, welche die vom Auftraggeber geäußerte Vermutung der Unauskömmlichkeit des Angebotes nicht widerlegen können.
Bei Bauvorhaben sind unangemessen niedrige Angebote zwingend auszuschließen, sofern die Ermittlung der Preise und Kosten für die Leistung nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden kann. Auch auf Angebote mit einem unangemessen hohen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Angebote, die aufgrund unangemessen hoher oder niedriger Preise vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, kommen nicht in die engere Wahl und werden bei der Wertung nicht berücksichtigt.
Zwingende Ablehnung des Angebots
Ein Angebot ist zwingend abzulehnen, wenn das jeweilige Unternehmen dem Aufklärungsverlangen des Auftraggebers nicht bzw. nicht binnen der gesetzten Frist nachkommt.
Sollte sich herausstellen, dass der Bieter bei der Kalkulation gegen verbindliche rechtliche Regelungen zur Auftragsausführung gemäß § 128 Abs. 1 GWB verstoßen hat, ist das Angebot zwingend abzulehnen.
Sofern sich herausstellt, dass der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, die es ihm erlaubt, besonders günstige Preise anzubieten, hat der Bieter nachzuweisen, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Gelingt dieser Nachweis nicht oder nicht fristgerecht, hat der Auftraggeber das Angebot abzulehnen und die Europäische Kommission zu unterrichten.
Der Zuschlag steht am Ende des Wertungsprozesses. Durch die Zuschlagsentscheidung bestimmt der Auftraggeber, wer sein Vertragspartner für den ausgeschriebenen Auftrag wird.
Nachweisführung EEE
Wurde die Eignung des Bieters, der den Auftrag erhalten soll, aufgrund einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung (EEE) vorläufig festgestellt, muss der Auftraggeber den Bieter vor Zuschlagserteilung auffordern, die zum Nachweis der Eignung geforderten Unterlagen beizubringen und diese überprüfen. Sollte sich dabei herausstellen, dass der Bieter entgegen seiner Angaben in der EEE ungeeignet ist, darf der Zuschlag nicht erteilt werden (vgl. 2.4.6. Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE)).
Rechtsvorschriften
Zuschlagsentscheidung
Der Wertungsprozess endet mit der Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers. Derjenige Bieter, der, gemessen an den festgelegten Zuschlagskriterien, das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat, geht aus dem Vergabeverfahren als „Ausschreibungsgewinner“ hervor. Gegenüber ihm kann kommuniziert werden, dass beabsichtigt ist, ihm nach Ablauf der Wartefrist gemäß § 134 GWB den Zuschlag zu erteilen.
Vorabinformation / Unwirksamkeit
Bevor der Zuschlag erteilt werden kann, hat der Auftraggeber diejenigen Bieter, die nicht bezuschlagt werden sollen, über die Zuschlagsabsicht in Textform zu informieren. Dabei sind die Gründe zu nennen, weshalb der Zuschlag nicht auf den jeweiligen Bieter erteilt werden soll und es ist mitzuteilen, wann frühestens mit einem Zuschlag zu Gunsten des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters zu rechnen ist. Sofern Bewerbern in einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitgeteilt worden ist, weshalb ihre Bewerbung unberücksichtigt blieb, ist diesen ebenfalls ein entsprechendes Vorabinformationsschreiben zu übermitteln.
Der Auftraggeber hat den betroffenen Bietern bzw. Bewerbern, deren Angebote und Bewerbungen nicht berücksichtigt werden sollen, folgende Informationen zu übermitteln:
- Den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll,
- die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung und
- den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Hintergrund der Vorabinformationspflicht ist die Gewährleistung der Effektivität des Rechtsschutzes im Vergabeverfahren: Mit Zuschlagserteilung / Annahme des Angebots kommt der Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem bezuschlagten Bieter zustande, sodass die Möglichkeiten einer etwaigen Intervention ab diesem Zeitpunkt eingeschränkt sind.
Der Vertrag darf erst 15 Tage nach Absendung der Vorabinformation geschlossen werden. Diese Frist verkürzt sich auf 10 Tage, wenn die Vorabinformation auf elektronischem Weg oder per Fax versendet wird.
Eine Informations- und Wartepflicht entfällt, wenn ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit durchgeführt wurde. Außerdem können in sensiblen Bereichen, wie etwa in sicherheits- bzw. verteidigungsspezifischen Beschaffungsverfahren, bestimmte Informationen unter Umständen vorenthalten werden.
Die Frist beginnt am Tag nach Absendung der Vorabinformation durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bewerber / Bieter kommt es nicht an.
Verletzt der Auftraggeber die Pflicht zur Vorabinformation, so ist der mit dem bezuschlagten Bieter geschlossene Vertrag von Anfang an unwirksam. Die Unwirksamkeit tritt jedoch nicht ipse iure – also nicht automatisch von Gesetzes wegen – ein, sondern muss in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt werden.
Sofern der Auftraggeber es versäumt eine Vorabinformation zu versenden, kann er die unterlegenen Bieter zumindest über den Vertragsschluss informieren. In diesem Falle haben die Bieter 30 Kalendertage Zeit eine Überprüfung im Wege eines Nachprüfungsverfahrens einzuleiten. Anderenfalls kann die Feststellung der Unwirksamkeit bis zu sechs Monate nach Vertragsschluss im Nachprüfungsverfahren erfolgen.
Sofern eine Bekanntmachung vergebener Aufträge im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgt, endet die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit 30 Kalendertage nach der entsprechenden Veröffentlichung der Bekanntmachung.
Rechtsvorschriften
Zuschlagserteilung / Annahme des Angebots
Mit der Annahme des Angebotes gemäß § 147 BGB kommt ein Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter, der das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, zustande. Bestandteile dieses Vertrages werden das bezuschlagte Angebot des Bieters und die diesem zugrundliegenden Vergabeunterlagen. Die Annahme des Angebotes muss rechtzeitig vor Ablauf der Bindefrist erfolgen. Die Bindefrist ist der Zeitraum, in dem sich der Bieter an sein eingereichtes Angebot gebunden halten muss.
Rechtsvorschriften
Nachträgliche Bekanntmachung
Der Auftraggeber ist verpflichtet, über durchgeführte Vergaben nach Abschluss des Verfahrens – also nach Zuschlagserteilung / Annahme des Angebotes – eine entsprechende Vergabebekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union zu übermitteln.
Das bedeutet, dass der Auftraggeber binnen 30 Tagen nach der Vergabe eine entsprechende Bekanntmachung schalten muss. Zur Einreichung derartiger Bekanntmachungen kann der Online-Dienst TED-Europa verwandt werden, der u. a. zu diesem Zweck vom Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union unterhalten wird (vgl. 2.3.2. Auftragsbekanntmachung).
Sofern der Auftraggeber den Abschluss einer Rahmenvereinbarung bekanntmachen möchte, genügt die Bekanntmachung der Vergabe des Rahmenvertrages insgesamt; eine gesonderte Bekanntmachung eines jeden Einzelabrufes ist nicht vorgesehen.
Rechtsvorschriften
Informationspflichten auf Antrag
Neben den Vorschriften zur Vorabinformation finden sich in den einzelnen Vergabeordnungen weitere Vorschriften, die dem Auftraggeber gegenüber dem Bieter weitergehende Informationspflichten auferlegen. Die dort normierten Informationspflichten bestehen allerdings nur dann, wenn der Bieter die Erteilung der jeweiligen Information entsprechend beantragt.
Auf entsprechenden Antrag ist der Auftraggeber verpflichtet, den Bieter unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags, in Textform Auskunft über folgende Informationen zu erteilen:
- Die Gründe für die Ablehnung seines Teilnahmeantrags (Bewerber),
- die Gründe für die Ablehnung seines Angebots (Bieter),
- die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie den Namen des erfolgreichen Bieters und
- den Verlauf und die Fortschritte der Verhandlungen und des wettbewerblichen Dialogs mit den Bietern.
Rechtsvorschriften
In der VOB/A (EU) ist keine Informationspflicht hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung des Angebotes (Punkt 2) vorgesehen.
Rechtsvorschriften
In der Praxis begegnen Ausschreibungsverfahren, insbesondere solche, die besonders komplex oder langwierig sind, regelmäßig der Problematik sich ändernder Gegebenheiten. So kann sich etwa herausstellen, dass Haushaltsmittel nicht ausreichen oder gestrichen werden oder das Vergabeverfahren nicht wie geplant abläuft, weil etwa keine oder keine wirtschaftlichen Angebote eingehen. Möglicherweise ändert sich auch kurzfristig der Beschaffungsbedarf oder es stellt sich heraus, dass die vom Auftraggeber eingangs vorgenommenen Schätzungen und Berechnungen nicht realistisch waren.
Um dem Auftraggeber die nötige Flexibilität zu geben auf derartige Gestaltungen angemessen zu reagieren, wird ihm von Gesetzes wegen die Möglichkeit der Aufhebung des Verfahrens eingeräumt.
Es besteht auch die Möglichkeit ein Vergabeverfahren nur teilweise aufzuheben.
In § 17 EU VOB/A ist lediglich die Aufhebung von „Ausschreibungen“ geregelt. § 17 EU VOB/A ist im Lichte des höherrangigen § 101 GWB a.F. (vgl. § 119 GWB) jedoch dahingehend auszulegen, dass auch Verhandlungsverfahren erfasst sind und die Vorschrift damit auch die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens betrifft (VK Arnsberg, Beschl. v. 25.11.2010, VK 19/10; VK Berlin, Beschluss v. 14.10.2011, VK-B 2-24/11; VK Bund, Beschl. v. 31.08.2009, VK 1 - 152/09; VK Bund, Beschl. v. 08.02.2011, VK 2 - 134/10.). Diese Argumentation kann entsprechend auch auf die neuen Verfahrensarten wie den wettbewerblichen Dialog, die elektronische Auktion und das dynamische elektronische Verfahren übertragen werden.
Jederzeitige Aufhebungsmöglichkeit
Die Aufhebung des Verfahrens betrifft den Fall, in dem ein Vergabeverfahren nicht durch Zuschlagserteilung / Annahme des Angebotes, sondern durch eine (Aufhebungs-) Entscheidung des Auftraggebers beendet wird. Dem Auftraggeber entstehen durch eine Aufhebung keine Nachteile, da keine Pflicht besteht, den Zuschlag zu erteilen. Denn auch für den Auftraggeber gilt der Grundsatz der Privatautonomie: Aus den Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht, dass ein Auftraggeber gezwungen ist, ein Vergabeverfahren mit Zuschlagserteilung bzw. Angebotsannahme abzuschließen, wenn kein Aufhebungstatbestand erfüllt ist. Vielmehr bleibt es dem Auftraggeber selbst überlassen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Sofern keiner der Aufhebungsgründe vorliegt, setzt der Auftraggeber sich Schadensersatzansprüchen aus.
Eine Aufhebung ist rechtmäßig, wenn
- ein Aufhebungsgrund vorliegt und
- allgemeine Grundsätze des Vergaberechts eingehalten werden (insbesondere das Gleichbehandlungs- sowie Transparenzgebot) und
- dem Auftraggeber der Aufhebungsgrund nicht als Verschulden oder Obliegenheitsverletzung zuzurechnen ist.
Dabei wurde der letzte Punkt von der Rechtsprechung entwickelt. Hintergrund ist, dass anderenfalls der Auftraggeber durch bewusste Verletzungen des Vergaberechts eigenmächtig Aufhebungsgründe generieren und so den vergaberechtlichen Bindungen entgehen könnte.
Ein Aufhebungsgrund liegt vor, wenn:
- kein Angebot eingegangen ist, das den (Ausschreibungs-) Bedingungen entspricht,
- sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat,
- kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde oder
- andere schwerwiegende Gründe bestehen.
Der Auftraggeber ist an die aufgestellten Ausschreibungsbedingungen gebunden. Diese ergeben sich aus der Bekanntmachung und aus den zur Verfügung gestellten Vergabeunterlagen. Entspricht kein Angebot diesen Anforderungen, gibt es kein zuschlagsfähiges Angebot, sodass die Aufhebung damit nur die formale Feststellung dessen ist.
Aufhebungsgrund: Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert
Erfasst von der Regelung zur wesentlichen Änderung der Verfahrensgrundlage sind nur solche Gründe, die nachträglich aufgetreten sind und für den Auftraggeber nicht vorhersehbar waren. Wesentlich sind solche Änderungen, die es für den Auftraggeber unzumutbar oder objektiv unmöglich machen, den Zuschlag zu erteilen.
Wesentliche Änderungen liegen z.B. dann vor, wenn der Auftraggeber nunmehr ein völlig anderes Konzept verfolgen soll (z.B. infolge einer Änderung der Bedarfssituation), eine Haushaltssperre oder der Wegfall wichtiger Finanzierungselemente, aber auch das Bekanntwerden neuer Technologien, wobei kontinuierliche technische Verbesserungen, wie sie z.B. im IT-Bereich Alltag sind, nicht umfasst sind.
Keine wesentliche Änderung ist hingegen gegeben, wenn der Auftraggeber aufgrund oberflächlicher Bedarfsermittlung feststellt, dass er in Wahrheit einen deutlich höheren Beschaffungsbedarf hat. Die gewissenhafte Bedarfsermittlung obliegt dem Auftraggeber. Ermittelt er aufgrund von Nachlässigkeiten einen zu geringen Bedarf, hat er dies zu vertreten und kann die Aufhebung nicht hierauf stützen. In diesem Fall muss der Mehrbedarf ggf. separat ausgeschrieben werden.
Aufhebungsgrund: Kein wirtschaftliches Ergebnis
Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Angebotes bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.
Wenn ausschließlich unwirtschaftliche Angebote, also solche, bei denen der Preis außer Verhältnis zur angebotenen Leistung steht, eingegangen sind und für den Auftraggeber erkennbar ist, dass er den Grundsätzen des Haushaltsrechts, nämlich der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel, nicht entsprechen kann, liegt ein Aufhebungsgrund vor.
Voraussetzung einer Aufhebung ist jedoch, dass der Auftraggeber die Kosten richtig ermittelt hat, da die korrekte Kostenermittlung im Vorfeld der Vergabe dem Auftraggeber obliegt. Maßstab für die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes ist allein das objektive Verhältnis des Angebotspreises zur Leistung.
Letztlich kommt es somit auf eine Entscheidung im Einzelfall an und darauf, ob die Kostenschätzung realistisch und belastbar kalkuliert wurde.
Von der Rechtsprechung wird als Richtwert, wann von einem unwirtschaftlichen Angebot ausgegangen werden kann, eine Überschreitung der (korrekt erstellen) Kostenschätzung um ≥ 20 % angesetzt.
Rechtsvorschriften
Dieser Aufhebungsgrund ist in der VOB/A (EU) nicht explizit genannt. Er ist jedoch als Unterfall der „anderen schwerwiegenden Gründe“ einzuordnen.
Aufhebungsgrund: Andere schwerwiegende Gründe
Neben den explizit genannten Aufhebungsgründen kommt eine Aufhebung aus „anderen schwerwiegenden Gründen“ in Betracht. Durch die bewusst offene Formulierung erhalten Auftraggeber die Möglichkeit, auf weitere, unvorhersehbare Sachverhalte zu reagieren, die vergleichbar schwer wiegen, wie diejenigen, die den gesetzlichen Aufhebungsgründen entsprechen.
Dieser Aufhebungsgrund ist somit als Auffangtatbestand zu verstehen, der restriktiv auszulegen ist, um den grundsätzlichen Ausnahmecharakter der Aufhebung nicht aufzuweichen bzw. auszuhöhlen.
Ein anderer schwerwiegender (Aufhebungs-) Grund aufgrund eines Fehlers des Auftraggebers im Vergabeverfahren ist daher nur anzunehmen, wenn einerseits der Fehler von so großem Gewicht ist, dass ein Festhalten des Auftraggebers an dem fehlerhaften Verfahren mit Gesetz und Recht schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre und andererseits von den Bietern, insbesondere auch mit Blick auf die Schwere des Fehlers, erwartet werden kann, dass sie auf die Bindung des Ausschreibenden an Recht und Gesetz Rücksicht nehmen.
Wann ein solcher anderer schwerwiegender Grund vorliegt, ist demnach anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
Durch die Rechtsprechung wurden in der Vergangenheit z. B. fehlende Haushaltsmittel oder unzumutbare Vergabeunterlagen als schwerwiegende Gründe anerkannt.
Die Aufhebungsvorschriften räumen dem Auftraggeber ein Ermessen ein. Damit besteht auch bei Vorliegen einer der Aufhebungsgründe, keine Pflicht des Auftraggebers das Verfahren aufzuheben. Ausnahmsweise kann jedoch eine zwingende Aufhebung vom Gericht angeordnet werden.
In Einzelfällen ist jedoch auch die „Aufhebung der Aufhebung“ und damit die Fortsetzung des Vergabeverfahrens möglich. Voraussetzung dafür ist, dass der Auftraggeber an seiner Beschaffungsabsicht festhält und kein sachlicher Grund für die Aufhebung besteht.
In der SektVO sind keine Aufhebungsgründe geregelt. Der Sektorenauftraggeber hat dennoch die Teilnehmer über die Gründe der Einstellung / Aufhebung und über die evtl. Absicht ein neues Vergabeverfahren durchzuführen, zu unterrichten. Daraus folgt, dass die Einstellung / Aufhebung nur dann rechtmäßig ist, wenn dafür auch ein nachvollziehbarer Grund vorliegt. Hinsichtlich der möglichen Aufhebungs- / Einstellungsgründe kann der Auftraggeber sich an dem bereits beschriebenen Katalog der Aufhebungsgründe der Vergabeverordnung orientieren. Es sind jedoch im Rahmen der SektVO darüber hinaus weitere Gründe denkbar, zum Beispiel auch zu hohe, durch den Auftraggeber aufgestellte Eignungsanforderungen. Zu Beachten ist, dass die Einstellung / Aufhebung auch bei Sektorenvergaben immer nur der letztmögliche geeignete Weg sein soll. Insbesondere eine Scheinaufhebung ist unrechtmäßig, welche der Auftraggeber missbräuchlich vornimmt, da er den Auftrag zwar noch vergeben will, jedoch nicht an den Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot.
Rechtsvorschriften
Mitteilungspflichten
Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Bewerbern oder Bietern nach Aufhebung des Vergabeverfahrens unverzüglich die Gründe für seine Entscheidung mitzuteilen. Dabei ist auszuführen warum er auf die Vergabe des Auftrags verzichtet bzw. ob das Verfahren erneut eingeleitet werden soll. Die Mitteilung kann formlos erfolgen. Auf Antrag ergeht die Mitteilung in Textform, § 126b BGB.
Zweck dieser Regelung ist, dass die Bewerber und Bieter Kenntnis darüber erlangen, dass und warum der Auftrag nicht vergeben wird und auf welchen Gründen diese Entscheidung beruht. Auf diese Weise soll dem Rechtsschutzinteresse der Bewerber / Bieter entsprochen werden, sodass diese prüfen können, ob die Aufhebung rechtmäßig ist oder ein Nachprüfungsverfahren Aussicht auf Erfolg hat bzw. Ansprüche auf Schadensersatz bestehen.