1.1 Anwendung des Vergaberechts

Anwendung des Vergaberechts

Überblick

Ein Auftrag muss europaweit ausgeschrieben werden, wenn ein Auftraggeber im Sinne des GWB einen öffentlichen Auftrag vergeben will, der relevante Schwellenwert überschritten wird und keine gesetzlich vorgesehene Ausnahme vorliegt. Wenn dies der Fall ist, sind neben den Regelungen des GWB die Regelungen der VgV (VOB/A (EU), SektVO, KonzVgV oder VsVgV – ggf. zzgl. der VOB/A (EU) – sowie die VergStatVO) grundsätzlich anzuwenden.

Auftraggeber im Sinne des GWB sein können:

  • ein öffentlicher Auftraggeber,
  • ein Sektorenauftraggeber oder
  • ein Konzessionsgeber.

Welches vergaberechtliche Regelungsregime im konkreten Einzelfall anzuwenden ist, richtet sich nach dem Auftraggeber (öffentlicher Auftraggeber, Sektorenauftraggeber oder Konzessionsgeber) und nach dem konkreten Beschaffungsgegenstand (Bau-, Liefer- oder Dienstleistung).

Für Sektoren- und Konzessionsauftraggeber gelten jeweils zusätzlich besondere Regelungen, die sich aus dem GWB ergeben.

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1.1.1Anwendungspflicht Vergaberecht 1.1.1Anwendungspflicht Vergaberecht

Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die den Schwellenwert überschreiten und für die keine Ausnahme vorliegt, sind EU-weit auszuschreiben.

Kaskadenprinzip
Kaskadenprinzip

Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, welche die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

Dabei sind grundsätzlich bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die vergaberechtlichen Bestimmungen wie folgt anzuwenden:

  • GWB – VgV, sofern es sich bei der zu vergebenden Leistung um einen öffentlichen Dienstleistungs- oder Lieferauftrag handelt,
  • GWB – VgV – VOB/A (EU), sofern es sich bei der zu vergebenden Leistung um eine Bauleistung handelt oder
  • GWB – SektVO, sofern es sich bei der zu vergebenden Leistung um eine Leistung im Sektorenbereich handelt.

Wenn es sich um die Vergabe von Aufträgen für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit handelt, sind die vergaberechtlichen Bestimmungen wie folgt anzuwenden:

  • GWB – VSVgV, sofern es sich bei der zu vergebenden Leistung um eine verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Liefer- oder Dienstleistung handelt oder
  • GWB – VSVgV – VOB/A (VS), sofern es sich bei der zu vergebenden Leistung um einen verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Bauauftrag handelt.

Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

  • mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen) oder
  • mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen bestehen (Dienstleistungskonzessionen),

wobei die Gegenleistung jeweils entweder allein in dem Recht zur Nutzung bzw. Verwertung der erbrachten Leistung oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht.

Wenn eine Konzession zu vergeben ist, sind die vergaberechtlichen Bestimmungen wie folgt anzuwenden:

  • GWB – KonzVgV, sofern es sich bei der zu vergebenden Konzession um eine Bau- oder Dienstleistungskonzession handelt.

Neben den sich aus diesen vergaberechtlichen Regelungsregimen ergebenden Verpflichtungen sind bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen die sich aus der VergStatVO ergebenden Pflichten zur Übermittlung von verfahrensbezogenen Daten an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu beachten. Für welche Daten entsprechende Übermittlungspflichten bestehen, ergibt sich insbesondere aus §§ 3, 4 VergStatVO.

Wenn die EU-Schwellenwerte nicht überschritten werden, richtet sich das anzuwendende Verfahren bei der Vergabe von Leistungen nach nationalem Haushaltsrecht sowie etwaigen landesrechtlichen Spezialvorschriften, die jeweils zumeist im Fall von Dienst- und Lieferleistungen auf die VOL/A sowie im Fall von Bauleistungen auf die VOB/A verweisen.

Vergaben durch öffentliche Auftraggeber: GWB – VgV

Sofern ein Auftrag im Oberschwellenbereich nach den Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vergeben ist und keine Sondervorschriften (insbesondere: Sektorenvergaberecht, Konzessionsvergaberecht) zu beachten sind, sind die Vorschriften des GWB sowie der VgV bei der Vergabe zu berücksichtigen, wenn es sich um eine Dienst- oder Lieferleistung handelt. Hierbei gestaltet die VgV die grundsätzlichen Regelungen des GWB näher aus. Insofern wurden insbesondere die entsprechenden Regelungen der früheren VOL/A (EU) sowie der VOF in die VgV integriert, sodass für Vergaben von Dienst- oder Lieferleistungen, die nicht einem speziellen Vergaberechtsregime unterfallen, lediglich die Festsetzungen des GWB und der VgV maßgeblich sind.

GWB - VgV
GWB - VgV

Vergaben von Bauleistungen durch öffentliche Auftraggeber : GWB – VgV – VOB/A (EU)

Sofern ein Auftrag im Oberschwellenbereich nach den Vorschriften über die Vergabe von Bauleistungen zu vergeben ist, sind Vorschriften des GWB, der VOB/A (EU) sowie der VgV bei der Vergabe zu berücksichtigen. Aus der VgV ergibt sich, dass Teile der VgV auch für die Vergabe von Bauaufträgen im Oberschwellenbereich einschlägig sind. Hierbei handelt es sich um

  • allgemeine Bestimmungen und Kommunikation sowie
  • besondere Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren.

Darüber hinaus gestaltet die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (Teil A) das einzuhaltende Verfahren näher aus, indem sie die grundlegenden Regelungen des GWB und der VgV konkretisiert.

GWB - VgV - VOB/A (EU)
GWB - VgV - VOB/A (EU)

Vergaben durch Sektorenauftraggeber: GWB – SektVO

Sofern ein Auftrag im Oberschwellenbereich nach Sektorenvergaberecht zu vergeben ist, wenn also ein Sektorenauftraggeber eine Bau-, Liefer- oder Dienstleistung im Zusammenhang mit seiner Sektorentätigkeit vergeben möchte, sind Vorschriften des GWB sowie der Sektorenverordnung bei der Vergabe zu berücksichtigen. Das GWB sieht hierbei Regelungen vor, die exklusive für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber im Oberschwellenbereich anzuwenden sind. Darüber hinaus gestaltet die SektVO das einzuhaltende Verfahren näher aus, indem sie die grundlegenden Regelungen des GWB konkretisiert.

GWB - SektVO
GWB - SektVO

Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die verschiedene Leistungen zum Gegenstand haben

Sofern ein öffentlicher Auftrag bzw. eine Konzession, die vergeben werden sollen, verschiedene Leistungen (Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen) zum Gegenstand haben, ist der Schwerpunkt der Maßnahme maßgeblich.

Sofern es sich um Leistungen handelt, die teilweise aus Dienstleistungen, die soziale oder andere besondere Dienstleistungen betreffen, bestehen, ist der Hauptgegenstand nach dem geschätzten Wert zu bestimmen; bei der Teilleistung mit dem höchsten Wert handelt es sich um den Hauptgegenstand.

Vergabe von öffentlichen Aufträgen, deren Teile unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen

Sofern Teile eines öffentlichen Auftrags bzw. einer Konzession, die vergeben werden soll, unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegt und die jeweiligen Teile der Leistung objektiv voneinander trennbar sind, kann der Auftraggeber die Leistung entweder losweise oder als Gesamtauftrag vergeben. Sofern der Auftraggeber sich für eine losweise Vergabe entscheidet, so sind die einzelnen Lose jeweils nach den einschlägigen Vorschriften zu vergeben.

Wenn der Auftraggeber sich jedoch für eine Vergabe als Gesamtauftrag entscheidet, ist wie folgt zu verfahren:

  • Der Gesamtauftrag kann insgesamt ohne Anwendung der Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen vergeben werden, wenn ein Teil der Leistung ohne Anwendung vergaberechtlicher Normen auf Grund der Einschlägigkeit einer allgemeinen Ausnahme vergeben werden kann und die Vergabe als Gesamtauftrag aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist.
  • Der Gesamtauftrag kann insgesamt nach den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen vergeben werden, wenn ein Teil der Leistung nach diesen Vorschriften zu vergeben wäre und die Vergabe als Gesamtauftrag aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist.
  • Der Gesamtauftrag ist insgesamt nach den Vorschriften des Sektorenvergaberechts zu vergeben, wenn ein Teil der Leistung diesen Vorschriften unterliegt und der Wert dieses Teils der Leistung den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet. Der Gesamtauftrag ist auch dann nach Sektorenvergaberecht zu vergeben, wenn der andere Teil des Auftrags nach Konzessionsvergaberecht zu vergeben wäre. Andernfalls ist das Konzessionsvergaberecht anzuwenden.
  • Der Gesamtauftrag ist insgesamt nach den Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vergeben, wenn ein Teil der Leistung zwar nach Konzessionsvergaberecht oder sonstigem Vergaberecht zu vergeben wäre, der Teil der Leistung, der nach allgemeinem Vergaberecht zu vergeben wäre, jedoch den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet.

Sofern die unterschiedlichen Teile der Leistung nicht objektiv trennbar sind, erfolgt die Vergabe entsprechend dem Hauptgegenstand der zu vergebenden Leistung. Sofern eine solche Leistung einen Teil enthält, der ohne Anwendung vergaberechtlicher Normen auf Grund der Einschlägigkeit einer allgemeinen Ausnahme vergeben werden kann oder der nach den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Leistungen zu vergeben wäre, kann der Gesamtauftrag ohne Anwendung vergaberechtlicher Regelungen vergeben werden.

Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die verschiedene Tätigkeiten umfassen

Sofern ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten umfasst, von denen mindestens eine der Tätigkeiten dem Sektorenvergaberecht unterfällt, steht es dem Auftraggeber frei, entweder einzelne Aufträge oder einen Gesamtauftrag zu vergeben. Im Fall der getrennten Vergabe ist jeder Teil der Leistung nach den jeweils einschlägigen Vorschriften zu vergeben. Bei der Vergabe als Gesamtauftrag bestimmt sich das einschlägige Vergaberecht nach dem Hauptgegenstand der Leistung.

Sofern objektiv nicht feststellbar ist, für welche Tätigkeit der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist, ist wie folgt zu verfahren:

  • Der Auftrag ist insgesamt nach den Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vergeben, sofern ein Teil des Auftrags nach diesen Vorschriften zu vergeben wäre.
  • Der Auftrag ist insgesamt nach Sektorenvergaberecht zu vergeben, wenn ein Teil der Leistung nach Sektoren- und der andere Teil der Leistung nach Konzessionsvergaberecht zu vergeben wäre.
  • Der Auftrag ist insgesamt nach Sektorenvergaberecht zu vergeben, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die weder in den Anwendungsbereich des Konzessionsvergaberechts noch in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber fällt.

Sofern es sich um eine Konzession handelt, die mehrere Tätigkeit – und insofern neben einer Sektorentätigkeit mindestens eine weitere Tätigkeit – umfasst, steht es dem Auftraggeber grundsätzlich frei, entweder einzelne Aufträge oder einen Gesamtauftrag zu vergeben. Im Fall der getrennten Vergabe ist jeder Teil der Leistung nach den jeweils einschlägigen Vorschriften zu vergeben. Bei der Vergabe als Gesamtauftrag bestimmt sich das einschlägige Vergaberecht nach dem Hauptgegenstand der Leistung. Sofern es objektiv nicht feststellbar ist, für welche Tätigkeit die Konzession hauptsächlich bestimmt ist, ist wie folgt zu verfahren:

  • Eine Gesamtkonzession ist insgesamt nach Konzessionsvergaberecht zu vergeben, wenn die Gesamtkonzession einen Teil enthält, der nach Konzessionsvergaberecht zu vergeben wäre und einen Teil enthält, der durch Sektorenauftraggeber, die zum Zweck der Ausübung ihrer Sektorentätigkeit eine Konzession vergeben, entsprechend zu vergeben wäre.
  • Eine Gesamtkonzession ist insgesamt nach den Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vergeben, wenn eine Tätigkeit, für die die fragliche Konzession bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt.
  • Eine Gesamtkonzession ist insgesamt nach Konzessionsvergaberecht zu vergeben, wenn eine Tätigkeit, für die die fragliche Konzession bestimmt ist, den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen unterfällt und die andere Tätigkeit weder nach den Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber noch nach den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber unterfällt.

Bestimmten Auftragnehmern vorbehaltene öffentliche Aufträge

Auftraggeber haben die Möglichkeit, öffentliche Aufträge einem privilegierten Adressatenkreis vorzubehalten. Hierbei handelt es sich um:

  • Werkstätten für Menschen mit Behinderung sowie
  • Unternehmen, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderung oder von benachteiligten Personen ist.

Voraussetzung für eine solche Privilegierung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten eine Behinderung haben oder in sonstiger Weise benachteiligt sind.

In diesem Fall ist ein Vergabeverfahren durchzuführen, lediglich der Adressatenkreis wird durch den Auftraggeber festgelegt.

1.1.2Öffentliche Auftragsvergaben 1.1.2Öffentliche Auftragsvergaben

Für Auftraggeber besteht dann die Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts, wenn es sich bei Ihnen um öffentliche Auftraggeber im Sinne des GWB handelt, die einen öffentlichen Auftrag oberhalb des relevanten Schwellenwerts vergeben wollen, für den keine Bereichsausnahme einschlägig ist.

Anwendungspflicht Vergaberecht - öffentlicher Auftraggeber
Anwendungspflicht Vergaberecht - öffentlicher Auftraggeber

Öffentlicher Auftraggeber

Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers wird gesetzlich definiert. Das GWB sieht vier Varianten des öffentlichen Auftraggebers vor:

  • Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
  • Juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts,
  • Verbände sowie
  • Subventionierte Bauvorhaben.

Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen. Gebietskörperschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie haben die Gebietshoheit über ein bestimmtes, räumlich abgegrenztes Gebiet. Zu den Gebietskörperschaften zählen insbesondere der Bund, die Länder, Landkreise und Gemeinden. Als Sondervermögen werden rechtlich unselbständige Verwaltungseinheiten des Staates bzw. der Kommunen bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen Teil des Vermögens der öffentlichen Verwaltung, der rechtlich unselbstständig ist. Ein solches Sondervermögen kann durch Gesetz bzw. Satzung oder aufgrund eines Gesetzes entstehen und dient der Erfüllung spezieller Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.

Juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts. Als öffentliche Auftraggeber im Sinne des GWB gelten auch juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, wenn sie zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn

  • sie überwiegend von der öffentlichen Hand (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen oder Verbände) finanziert werden oder
  • die öffentliche Hand (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen oder Verbände) die Leitung der Aufsicht über die juristische Person innehat oder
  • eines der geschäftsführenden oder die Aufsicht innehabenden Organe der juristischen Person durch die öffentliche Hand (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen oder Verbände) zu mehr als 50 % besetzt ist.

Verbände. Verbände sind Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts zur Verfolgung gemeinsamer Ziel- oder Wertvorstellungen, unabhängig von ihrer Organisationsform. Hierbei handelt es sich z.B. um Abwasser- oder Wasserversorgungsverbände.

Bei einem Verband handelt es sich dann um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des GWB, wenn seine Mitglieder

  • Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen oder
  • juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sind, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen,

sind.

Subventionierte Bauvorhaben. Hierunter sind natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts zu verstehen, die nicht schon nach dem Vorgenannten als öffentliche Auftraggeber gelten, in den Fällen, in denen sie

  • für Tiefbaumaßnahmen,
  • für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder
  • für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die selbst öffentliche Auftraggeber sind,

Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Öffentlicher Auftrag

Ein öffentlicher Auftrag liegt vor, wenn zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen

  • ein entgeltlicher Vertrag
  • über die Beschaffung von Leistungen

geschlossen wird. Die Schriftform ist hierbei nicht zwingend erforderlich. Insofern gelten die zivilrechtlichen Regelungen hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen.

Ein Vertrag ist entgeltlich, wenn in irgendeiner Form ein geldwerter Vorteil gewährt wird; das heißt, dass eine Leistung von Geldzahlungen nicht zwingend erforderlich ist. Hierbei muss der öffentliche Auftraggeber jedoch zumindest eine Leistung erhalten, die unmittelbar in seinem wirtschaftlichen Interesse liegt. Sofern dies nicht der Fall ist, liegt kein öffentlicher Auftrag vor. Vom entgeltlichen Vertrag abzugrenzen sind auch die sog. Konzessionen, bei denen die Gegenleistung des Auftraggebers darin besteht, dem Auftragnehmer aus dem konkreten Auftragsgegenstand Einnahmen zu ermöglichen (vgl. 1.1.4. Konzessionsvergaben).

Ein vergaberechtlich relevanter Beschaffungsvorgang liegt vor, wenn der öffentliche Auftraggeber eine Leistung für seine eigenen Zwecke beschafft. Dies ist dann der Fall, wenn die Leistung oder deren Produkt dem öffentlichen Auftraggeber zumindest mittelbar zu Gute kommt.

Die Leistungen können dabei

  • die Lieferung von Waren (Lieferauftrag),
  • die Ausführung von Bauleistungen (Bauauftrag) oder
  • die Erbringung von Dienstleistungen (Dienstleistungsauftrag)

zum Gegenstand haben. Veräußerungen durch die öffentliche Hand sind keine solchen öffentlichen Aufträge.

Unter einem Lieferauftrag sind Verträge mit dem Ziel der Beschaffung von Waren zu verstehen. Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die Planung und Ausführung von Bauleistungen. Ein Dienstleistungsauftrag liegt vor, sofern es sich um einen Vertrag über die Erbringung sonstiger Leistungen handelt.

Ein solcher öffentlicher Auftrag kann auch in Form einer Rahmenvereinbarung mit einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern abgeschlossen werden. Ein solcher Rahmenvertrag enthält grundlegende Bestimmungen für die Vertragsabwicklung auf einen bestimmten Zeitraum. Zu diesen Bedingungen zählt insbesondere der Preis (vgl. 2.1.7. Rahmenvereinbarungen).

Ein öffentlicher Auftrag in diesem Sinne liegt auch vor, wenn ein Auslobungsverfahren zu Dienstleistungsaufträgen führen soll.

Erreichen des relevanten Schwellenwerts

Ein öffentlicher Auftraggeber, der einen öffentlichen Auftrag zu vergeben hat, muss nur dann das EU-Vergaberecht anwenden, wenn die relevanten EU-Schwellenwerte, die für öffentliche Auftraggeber in Bezug auf Bauaufträge bzw. Liefer- und Dienstleistungsaufträge gelten, überschritten sind. Für oberste oder obere Bundesbehörden sowie vergleichbare Einrichtungen gelten abweichende Schwellenwerte für Liefer- und Dienstleistungsaufträge.

Berechnung des Auftragswertes. Dem öffentlichen Auftraggeber obliegt vor Beginn eines Vergabeverfahrens die Schätzung des Auftragswertes der zu vergebenden Leistungen. Hierbei ist von dem voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Insofern handelt es sich um eine Prognoseentscheidung des öffentlichen Auftraggebers. Insofern steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist. Überprüft werden kann im Rahmen einer Nachprüfung lediglich, ob die Vergabestelle bei der Schätzung des Auftragswertes von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die Prognoseentscheidung frei von sachfremden Erwägungen getroffen wurde, den ihr zustehenden Beurteilungsmaßstab zutreffend angewandt hat und das vorgeschrieben Verfahren eingehalten wurde.

Schätzung Auftragswert
Schätzung Auftragswert

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Auftragswertes ist der Zeitpunkt der Absendung der Veröffentlichung oder der Zeitpunkt, in dem das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird. An diese Schätzung ist der Auftraggeber während des gesamten Vergabeverfahrens gebunden, sofern sich die Sachlage nicht erheblich ändert.

Bei dieser Schätzung sind alle möglichen und ausgeschriebenen Optionen und Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen.

Im Falle einer Losausschreibung sind für die Berechnung des Auftragswertes die Einzelwerte aller Lose zu berücksichtigen. Im Fall von Liefer- oder Dienstleistungen sind bei einer Aufteilung nach Losen im Rahmen der Berechnung des Auftragswertes nur jene Lose zu berücksichtigen, die gleichartige Lieferungen bzw. Dienstleistungen betreffen. Eine Aufteilung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn die Leistung, die durch den Auftraggeber in verschiedene Lose aufgeteilt wird, aufgrund ihrer technischen und wirtschaftlichen Funktion einen einheitlichen Charakter aufweist. In einem solchen Fall sind alle Lose bei der Berechnung des Auftragswertes zu berücksichtigen.

Besonderheiten Bauleistungen

Bei der Schätzung des Auftragswertes von Bauaufträgen hat der öffentliche Auftraggeber neben dem reinen Auftragswert der Bauleistung zwingend auch den geschätzten Wert aller Dienst- und Lieferleistungen zu berücksichtigen, die für die Auftragsausführung erforderlich sind. Hierzu zählen alle beigestellten Stoffe, Bauteile und Leistungen.

Schätzung Auftragswert bei Bauleistungen
Schätzung Auftragswert bei Bauleistungen

Sofern der Bau in mehreren Bauabschnitten o.ä. erfolgt, ist der Wert aller Bauabschnitte bei der Berechnung des Auftragswerts zu berücksichtigen, sofern zwischen den einzelnen Bauabschnitten jeweils ein technischer bzw. wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Aktuelle Schwellenwerte. Die aktuellen Schwellenwerte gestalten sich für öffentliche Auftraggeber wie folgt:

  • Bauaufträge: 5.350.000,00 Euro
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 214.000,00 Euro

Für oberste und obere Bundesbehörden gestalten sich die aktuellen Schwellenwerte wie folgt:

  • Bauaufträge: 5.350.000,00 Euro
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 139.000,00 Euro

Keine Ausnahme

Auch wenn ein öffentlicher Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag vergibt, dessen Wert oberhalb des relevanten Schwellenwertes liegt, kann das Vergaberecht ausnahmsweise nicht anwendbar sein. Dies ist insbesondere in folgenden Fällen gesetzlich vorgesehen:

  • allgemeine Ausnahmen,
  • Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit,
  • Ausnahmen für Vergaben auf der Grundlage internationaler Verfahrensregeln sowie
  • besondere Ausnahmen.

Allgemeine Ausnahmen. Das EU-Vergaberecht wird bei einer Reihe von Bereichen nicht angewendet. Dazu gehören insbesondere

  • der Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, Bestandsgebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen,
  • die Vergabe von Arbeitsverträgen und
  • die Vergabe von speziellen Dienstleistungen zum Katastrophen- oder Zivilschutz und der Gefahrenabwehr.

Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit. Eine weitere wichtige Ausnahme von der Anwendung des EU-Vergaberechts stellt die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit dar, also die Vergabe öffentlicher Aufträge

  • an eine juristische Person, über die der Auftraggeber eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt (sog. Inhouse-Geschäft) oder
  • an einen oder mehrere weitere öffentliche Auftraggeber (sog. Instate-Geschäft / interkommunale Kooperation).

Die wichtigsten Anwendungsfälle sind

  • die Inhouse-Vergabe und
  • das Instate-Geschäft / die interkommunale Kooperation.

Die Vergabefreiheit solcher Aufträge tritt aber nicht schon dann ein, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer öffentliche Auftraggeber sind. Je nach Konstellation müssen jeweils weitere Bedingungen erfüllt sein.

Der klassische Fall des Inhouse-Geschäfts stellt das einfach-vertikale Inhouse-Geschäft dar. In dieser Konstellation beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber eine von ihm kontrollierte juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts. Dies ist grundsätzlich EU-vergaberechtsfrei, wenn

  • der öffentliche Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt (sog. Kontrollkriterium),
  • die kontrollierte juristische Person mehr als 80 Prozent ihrer Tätigkeiten in Ausführung der Aufgaben ausführt, mit denen sie von dem kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen durch diesen öffentlichen Auftraggeber kontrollierten juristischen Personen betraut worden ist (sog. Wesentlichkeitskriterium) und
  • an der juristischen Person grundsätzlich keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht.

Gleiches gilt entsprechend, wenn mehrere Auftraggeber gemeinsam über den Auftragnehmer wie über eine eigne Dienststelle übernehmen (gemeinsame Kontrollausübung im vertikalen Inhouse-Geschäft).

Eine Vergabefreiheit gilt ebenfalls, bei entsprechender Erfüllung der genannten Voraussetzungen, auch bei der Auftragsvergabe von einer kontrollierten juristischen Person, die zugleich öffentlicher Auftraggeber ist, an den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber (inverses Inhouse-Geschäft) oder an eine von diesem öffentlichen Auftraggeber kontrollierte andere juristische Person (horizontales Inhouse-Geschäft).

Auch horizontale öffentlich-öffentliche Kooperationen, also Aufträge zwischen voneinander unabhängigen öffentlichen Stellen (sog. Instate-Geschäft / interkommunale Kooperation) sind vergaberechtsfrei, wenn

  • der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,
  • die Durchführung der Zusammenarbeit ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und
  • die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit erfasst sind.

Ausnahmen für Vergaben auf der Grundlage internationaler Verfahrensregeln. Das deutsche Vergaberecht kommt darüber hinaus bei nach internationalen Regeln vergebenen Aufträgen und ausgerichteten Wettbewerben nicht zur Anwendung:

  • Bei der Vergabe von Aufträgen, die nach einem Vergabeverfahren zu vergeben sind, das entweder durch ein Rechtsinstrument, das völkerrechtliche Verpflichtungen begründet oder eine internationale Organisation festgelegt wird, ist EU-Vergaberecht nicht anzuwenden.
  • Ebenso findet EU-Vergaberecht keine Anwendung, wenn der öffentliche Auftrag nach den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder einer internationalen Finanzierungseinrichtung zu vergeben ist und dieser Auftrag vollständig durch diese Organisation finanziert wird. Sofern es sich lediglich um eine überwiegende Kofinanzierung durch eine solche Organisation handelt, einigen die Parteien sich einvernehmlich, welches Vergaberechtsregime anzuwenden ist.

Besondere Ausnahmen. Ebenfalls nicht anzuwenden ist das EU-Vergaberecht hinsichtlich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber in folgenden Fällen:

  • bestimmte Rechtsdienstleistungen wie z.B. die anwaltliche Vertretung in Gerichts-, Verwaltungs-, Schiedsgerichts- oder Streitbeilegungsverfahren,
  • Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen,
  • Aufträge über das Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste,
  • bestimmte finanzielle Dienstleistungen,
  • Kredite und Darlehen sowie
  • Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen oder Verbände) vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

Ausgenommen hiervon sind jedoch öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronische Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

1.1.3Sektorenauftragsvergaben 1.1.3Sektorenauftragsvergaben

Für Auftraggeber besteht auch dann die Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts, wenn es sich bei Ihnen um Sektorenauftraggeber im Sinne des GWB handelt, die einen öffentlichen Auftrag mit einem Bezug zu ihrer Sektorentätigkeit (sog. Sektorenbezug) oberhalb des relevanten Schwellenwerts vergeben wollen, für den keine Bereichsausnahme einschlägig ist.

Anwendungspflicht Vergaberecht - Sektorenauftraggeber
Anwendungspflicht Vergaberecht - Sektorenauftraggeber

Beim sog. „Sektorenvergaberecht“ handelt es sich um spezielle Regelungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung (sog. „Sektorenbereich“). Diese speziellen Regelungen rechtfertigen sich vor dem Hintergrund, als im Sektorenbereich auf Grund der marktbezogenen Sonderstellung der Sektorenauftraggeber lediglich eingeschränkt Wettbewerb stattfinden kann (insbesondere: Staatsgebundenheit oder Monopolrechte).

Öffentlicher Sektorenauftraggeber

Öffentliche Sektorenauftraggeber sind öffentliche Auftraggeber in Form von

die spezielle Tätigkeiten bzw. Aufgaben erfüllen, nämlich solche auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs (sog. Sektorenbereich bzw. Sektorentätigkeit).

Privater Sektorenauftraggeber

Private Sektorenauftraggeber sind natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit ausüben, nämlich solche auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs (sog. Sektorenbereich bzw. Sektorentätigkeit). Diese gelten dann als private Sektorenauftraggeber, wenn

  • sie ihre Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, die ihnen von einer zuständigen Behörde gewährt wurden oder
  • ein öffentlicher Auftraggeber (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder Verbände) auf diese einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

Besondere und ausschließliche Rechte im Sinne der ersten Variante sind Rechte, die einem oder mehreren Unternehmen verliehen werden und diese dazu berechtigen, eine konkrete Tätigkeit auszuüben. Gleichzeitig wird die Möglichkeit der Ausübung dieser konkreten Tätigkeit anderen Unternehmen erheblich erschwert. Rechte, die im Rahmen eines (Vergabe-)Verfahrens gewährt wurden, sind keine solchen besonderen und ausschließlichen Rechte, mit der Konsequenz, dass es sich in solchen Fällen nicht um private Sektorenauftraggeber handelt.

Von einem beherrschenden Einfluss im Sinne der zweiten Variante ist auszugehen, wenn ein öffentlicher Auftraggeber (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder Verbände)

  • unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des Kapitals des fraglichen privaten Sektorenauftraggebers besitzt,
  • die Mehrheit der Stimmrechte des fraglichen privaten Sektorenauftraggebers innehat oder
  • mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsrats des fraglichen privaten Sektorenauftraggebers stellt.

Sektorentätigkeit

Neben den bereits benannten Anforderungen an die Rechtsform eines Sektorenauftraggebers, muss ein Auftraggeber eine Sektorentätigkeit ausführen, um die Privilegierungen des Sektorenvergaberechts erfahren zu können. Eine Sektorentätigkeit kann stattfinden in folgenden Bereichen:

  • Sektorentätigkeit im Bereich Wasser,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Elektrizität,
  • Sektorentätigkeit im Bereich von Gas und Wärme,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Verkehrsleistungen,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Häfen und Flughäfen sowie
  • Sektorentätigkeit im Bereich fossiler Brennstoffe.

Sektorentätigkeit im Bereich Wasser

Eine Sektorentätigkeit im Bereich Wasser besteht

  • in der Bereitstellung oder Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, Fortleitung und Abgabe von Trinkwasser und
  • in der Einspeisung von Trinkwasser in solche festen Netze.

Als Sektorentätigkeit im Bereich Wasser gelten auch solche Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit Wasserbau-, Bewässerungs- oder Entwässerungsvorhaben stehen, wenn mehr als 20 Prozent der insofern zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge zur Trinkwasserversorgung bestimmt ist.

Die Bereitstellung im Sinne dieser Vorschrift meint die Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung von Versorgungsnetzen.

Das Betreiben im Sinne dieser Regelung umfasst das Sammeln, Fördern, Reinigen, Aufbereiten, Speichern, Weiter- und Zuleiten, Verteilen und Beliefern der Allgemeinheit.

Feste Netze im Sinne dieser Vorschrift sind solche, die fest mit dem Erdboden verbunden sind (insbesondere: Leitungen ober- und unterhalb der Erdoberfläche). Diese festen Netze dürfen nicht lediglich vorübergehend bzw. nur für einen bestimmten Zweck errichtet worden sein, um nach der Zweckerfüllung wieder rückgebaut zu werden.

Die Versorgung der Allgemeinheit im Sinne dieser Regelung umfasst insofern die Versorgung privater Haushalte, der Industrie, der Landwirtschaft sowie öffentlicher Abnahmestellen.

Das Einspeisen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet die Erzeugung bzw. Produktion einer bestimmten Ware sowie dessen Lieferung an einen unbestimmten, obwohl grundsätzlich bestimmbaren Personenkreis über ein festes Netz. Die Einspeisung von Trinkwasser in feste Netze gilt nicht als Sektorentätigkeit, sofern die Erzeugung des Trinkwassers auf Grund von Eigenbedarf des betroffenen Auftraggebers erfolgt, dieser Eigenbedarf nicht in Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit steht und im Durchschnitt der letzten drei Jahre die Einspeisung durch den betroffenen Auftraggeber nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassererzeugung des fraglichen Auftraggebers ausmacht.

Sektorentätigkeit im Bereich Elektrizität

Eine Sektorentätigkeit im Bereich Elektrizität besteht

  • in der Bereitstellung oder im Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Elektrizität und
  • in der Einspeisung von Elektrizität in solche festen Netze.

Die Bereitstellung im Sinne dieser Vorschrift meint die Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung von Versorgungsnetzen.

Das Betreiben im Sinne dieser Regelung umfasst das Sammeln, Fördern, Reinigen, Aufbereiten, Speichern, Weiter- und Zuleiten, Verteilen und Beliefern der Allgemeinheit.

Feste Netze im Sinne dieser Vorschrift sind solche, die fest mit dem Erdboden verbunden sind (insbesondere: Leitungen ober- und unterhalb der Erdoberfläche). Diese festen Netze dürfen nicht lediglich vorübergehend bzw. nur für einen bestimmten Zweck errichtet worden sein, um nach der Zweckerfüllung wieder rückgebaut zu werden.

Die Versorgung der Allgemeinheit im Sinne dieser Regelung umfasst insofern die Versorgung privater Haushalte, der Industrie, der Landwirtschaft sowie öffentlicher Abnahmestellen.

Das Einspeisen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet die Erzeugung bzw. Produktion einer bestimmten Ware sowie dessen Lieferung an einen unbestimmten, obwohl grundsätzlich bestimmbaren Personenkreis über ein festes Netz. Die Einspeisung von Elektrizität in feste Netze gilt nicht als Sektorentätigkeit, wenn der Sektorenauftraggeber die Elektrizität auf Grund von Eigenbedarf erzeugt und dieser Eigenbedarf nicht in Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit steht oder die Einspeisung auf Grund von Eigenbedarf im Durchschnitt der letzten drei Jahre nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des betroffenen Sektorenauftraggebers ausmacht.

Sektorentätigkeit im Bereich von Gas und Wärme

Eine Sektorentätigkeit im Bereich von Gas und Wärme besteht

  • in der Bereitstellung oder im Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Gas und Wärme und
  • in der Einspeisung von Gas und Wärme in diese Netze.

Die Bereitstellung im Sinne dieser Vorschrift meint die Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung von Versorgungsnetzen.

Das Betreiben im Sinne dieser Regelung umfasst das Sammeln, Fördern, Reinigen, Aufbereiten, Speichern, Weiter- und Zuleiten, Verteilen und Beliefern der Allgemeinheit.

Feste Netze im Sinne dieser Vorschrift sind solche, die fest mit dem Erdboden verbunden sind (insbesondere: Leitungen ober- und unterhalb der Erdoberfläche). Diese festen Netze dürfen nicht lediglich vorübergehend bzw. nur für einen bestimmten Zweck errichtet worden sein, um nach der Zweckerfüllung wieder rückgebaut zu werden.

Die Versorgung der Allgemeinheit im Sinne dieser Regelung umfasst insofern die Versorgung privater Haushalte, der Industrie, der Landwirtschaft sowie öffentlicher Abnahmestellen.

Das Einspeisen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet die Erzeugung bzw. Produktion einer bestimmten Ware sowie dessen Lieferung an einen unbestimmten, obwohl grundsätzlich bestimmbaren Personenkreis über ein festes Netz. Ein Netz gilt als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird. Die Einspeisung von Gas und Wärme in feste Netze gilt nicht als Sektorentätigkeit, wenn die Erzeugung von Gas oder Wärme sich zwangsläufig aus der Ausübung einer Tätigkeit ergibt, die keine Sektorentätigkeit ist und die Einspeisung nur darauf abzielt, die Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und dies im Durchschnitt der letzten drei Jahre nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Sektorenauftraggebers ausmacht.

Sektorentätigkeit im Bereich Verkehrsleistungen

Eine Sektorentätigkeit im Bereich Verkehrsleistungen besteht in der Bereitstellung oder im Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per

  • Eisenbahn,
  • automatischen Systemen,
  • Straßenbahn,
  • Trolleybus,
  • Bus oder
  • Seilbahn.

Eine Sektorentätigkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt dann vor, wenn das Leistungsangebot öffentlich zugänglich ist – anders als dies z.B. bei Werksbahnen der Fall ist, die bestimmten Nutzerkreisen vorbehalten sind. Verkehrsleistungen dienen dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie als Verkehrsunternehmen gewerbs- oder geschäftsmäßig betrieben werden und jedermann sie nach ihrer Zweckbestimmung zur Personen- oder Güterbeförderung benutzen kann.

Die Bereitstellung von Netzen im Sinne dieser Regelung umfasst de Planung, den Bau, die Unterhaltung sowie die Weiterentwicklung und Instandhaltung der erforderlichen Infrastruktur; das Betreiben umfasst die Betriebsprüfung sowie die Trassenvergabe.

Sektorentätigkeit im Bereich Häfen und Flughäfen

Eine Sektorentätigkeit im Bereich Häfen und Flughäfen liegt vor, wenn der Sektorenauftraggeber

  • einen Flughafen,
  • See- oder Binnenhafen oder
  • andere Terminaleinrichtungen für die Luft-, See- oder Binnenschifffahrtsverkehrsunternehmen

bereitstellt.

Unter eine Sektorentätigkeit im Bereich der Flughäfen fällt jede Tätigkeit zum Zweck der Nutzung eines geographisch abgegrenzten Gebiets als Flughafen. Hierzu zählen neben dem eigentlichen Flugbetrieb im engeren Sinne auch sämtliche Hilfstätigkeiten auf dem entsprechenden Gebiet.

Für die Vergabe von Bodenabfertigungsdiensten an Flughäfen sind spezielle rechtliche Bestimmungen (Bodenabfertigungsdienst-Verordnung) zu beachten.

Unter eine Sektorentätigkeit im Bereich der Häfen (See- oder Binnenhafen) fällt die gesamte Infrastruktur zur Ein- und Ausschiffung von Personen sowie zur Be- und Entladung auf dem Seeweg beförderter Güter.

Für eine Sektorentätigkeit im Bereich von Häfen und Flughäfen ist – im Gegensatz zu einer Sektorentätigkeit z.B. im Bereich Wasser – keine Versorgung der Allgemeinheit erforderlich.

Sektorentätigkeit im Bereich fossiler Brennstoffe

Eine Sektorentätigkeit im Bereich fossiler Brennstoffe sind Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zweck

  • der Förderung von Öl oder Gas oder
  • der Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen.

Die Förderung von Öl oder Gas im Sinne dieser Vorschrift erfasst bereits die Errichtung der erforderlichen Infrastruktur (Errichtung von Ölplattformen, Rohrleitungen etc.) zur Förderung von Öl oder Gas. Die Exploration meint jene Tätigkeiten, die der Erforschung dienen, ob Erdöl oder –gas in einem bestimmten Gebiet vorhanden und gewerblich nutzbar ist.

Öffentlicher Auftrag

Ein öffentlicher Auftrag liegt vor, wenn zwischen einem Sektorenauftraggeber und einem Unternehmen

  • ein entgeltlicher Vertrag
  • über die Beschaffung von Leistungen

geschlossen wird (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben).

Sektorenbezug

Bei der Bestimmung, ob die zu vergebende Leistung den erforderlichen Sektorenbezug aufweist und insofern in den Anwendungsbereich des Sektorenvergaberechts fällt, ist darauf abzustellen, ob die fragliche Leistung zum Zweck von Sektorentätigkeiten des Sektorenauftraggebers erfolgt bzw. damit in Zusammenhang steht. Dies ist dann der Fall, wenn die zu beschaffende Liefer-, Bau- oder Dienstleistung direkt für eine Sektorentätigkeit bestimmt ist:

  • Sektorentätigkeit im Bereich Wasser,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Elektrizität,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Gas und Wärme,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Verkehrsleistungen,
  • Sektorentätigkeit im Bereich Häfen und Flughäfen oder
  • Sektorentätigkeit im Bereich fossiler Brennstoffe.

Nur wenn der erforderliche Sektorenbezug besteht, ist bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte das Sektorenvergaberecht zu beachten. Sofern der erforderliche Sektorenbezug der zu vergebenden Leistung nicht besteht, ist der Sektorenauftraggeber dem Sektorenvergaberecht grundsätzlich nicht unterworfen.

Zur Bestimmung, ob ein Sektorenbezug gegeben ist, ist eine Beurteilung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls durchzuführen.

Erreichen des relevanten Schwellenwerts

Ein Sektorenauftraggeber, der einen öffentlichen Auftrag im Sektorenbereich zu vergeben hat, muss nur dann das EU-Vergaberecht anwenden, wenn die relevanten EU-Schwellenwerte, die für Sektorenauftraggeber in Bezug auf Bauaufträge bzw. Liefer- und Dienstleistungsaufträge gelten, überschritten sind.

Berechnung des Auftragswertes. Die Methode zur Berechnung des Auftragswertes wurde bereits dargestellt (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben).

Aktuelle Schwellenwerte. Die aktuellen Schwellenwerte gestalten sich für Sektorenuftraggeber wie folgt:

  • Bauaufträge: 5.350.000,00 Euro
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 428.000,00 Euro

Keine Ausnahme

Neben den allgemeinen Ausnahmetatbeständen (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben) sieht das GWB im Fall des Sektorenauftraggebers weitere Ausnahmetatbestande vor:

  • besondere Ausnahmen,
  • besondere Ausnahmen für die Vergabe an verbundene Unternehmen,
  • besondere Ausnahmen für die Vergabe durch oder an ein Gemeinschaftsunternehmen sowie
  • besondere Ausnahme für unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzte Tätigkeiten.

Besondere Ausnahmen. So findet das Sektorenvergaberecht keine Anwendung, wenn es sich bei der zu vergebenden Leistung um

  • bestimmte Rechtsdienstleistungen wie z.B. die anwaltliche Vertretung in Gerichts-, Verwaltungs-, Schiedsgerichts- oder Streitbeilegungsverfahren,
  • Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen,
  • Ausstrahlungszeit oder Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
  • finanzielle Dienstleistungen,
  • Kredite und Darlehen,
  • Dienstleistungen, die an einen anderen öffentlichen Auftraggeber vergeben werden, der ein ausschließliches Recht hat und der fragliche Auftrag aufgrund eines ausschließlichen Rechts vergeben wird,
  • die Beschaffung von Wasser im Rahmen der Trinkwasserversorgung,
  • die Beschaffung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung im Rahmen der Energieversorgung oder
  • die Weiterveräußerung oder Vermietung an Dritte, sofern dem Sektorenauftraggeber kein besonderes oder ausschließliches Recht zum Verkauf oder zur Vermietung des Auftragsgegenstandes zusteht oder andere Unternehmen die Möglichkeit haben, den Auftragsgegenstand unter den gleichen Bedingungen wie der fragliche Sektorenauftraggeber zu verkaufen oder zu vermieten

handelt.

Ferner findet das Sektorenvergaberecht keine Anwendung, wenn

  • der erforderliche Sektorenbezug fehlt oder
  • die zu vergebenden Leistungen die Durchführung von Sektorentätigkeiten außerhalb des Gebiets der Europäischen Union betreffen und der Auftrag nicht zu einer Nutzung eines Netzes oder einer Anlagen innerhalb des Gebiets der Europäischen Union führt.

Besondere Ausnahmen für die Vergabe an verbundene Unternehmen. Ebenfalls nicht anwendbar ist das Sektorenvergaberecht, sofern die Vergabe

  • an ein verbundenes Unternehmen oder
  • durch ein Gemeinschaftsunternehmen, das ausschließlich mehrere Sektorenauftraggeber zur Durchführung einer Sektorentätigkeiten gebildet haben, an ein verbundenes Unternehmen

erfolgt und das verbundene Unternehmen unter Berücksichtigung aller im Laufe der letzten drei Jahre erbrachten Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen mindestens 80 Prozent des im jeweiligen Leistungssektor insgesamt erzielten durchschnittlichen Umsatzes aus der Erbringung von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für den fraglichen Sektorenauftraggeber oder andere mit ihm verbundene Unternehmen resultiert.

Ein Unternehmen ist als ein solches verbundenes Unternehmen anzusehen, wenn

  • der Jahresabschluss des Unternehmens mit dem Jahresabschluss des Auftraggebers einzubeziehen ist (Mutterunternehmen) oder
  • der Sektorenauftraggeber auf den Auftragnehmer einen beherrschenden Einfluss ausübt oder das Unternehmen einen solchen Einfluss auf den Sektorenauftraggeber ausüben kann oder der Sektorenauftraggeber gemeinsam mit dem Auftragnehmer auf Grund der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls (insbesondere finanzielle Beteiligung) dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens unterliegt.

Besondere Ausnahmen für die Vergabe durch oder an ein Gemeinschaftsunternehmen. Sofern die Vergabe

  • durch ein Gemeinschaftsunternehmen, das von mehreren Sektorenauftraggebern ausschließlich zur Durchführung von Sektorentätigkeiten gebildet wurde, an einen dieser Auftraggeber oder
  • durch einen Sektorenauftraggeber, der einem Gemeinschaftsunternehmen angehört, das von mehreren Sektorenauftraggebern ausschließlich zur Durchführung von Sektorentätigkeiten gebildet wurde, an ein solches Gemeinschaftsunternehmen

erfolgt, ist das Sektorenvergaberecht ebenfalls nicht anwendbar, wenn

  • das Gemeinschaftsunternehmen gegründet wurde, um die Sektorentätigkeit über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren auszuführen und
  • in dem Gründungsakt des Gemeinschaftsunternehmens festgelegt wurde, dass die das Gemeinschaftsunternehmen bildenden Sektorenauftraggeber dem Gemeinschaftsunternehmen für mindestens drei Jahre angehören.

Besondere Ausnahme für unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzte Tätigkeiten. Eine Ausnahme liegt auch dann vor, wenn die Sektorentätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb auf Märkten ausgesetzt ist, für die es keine Zugangsbeschränkung gibt. Auftraggeber können insofern einen Feststellungsantrag bei der Europäischen Kommission stellen.

1.1.4Konzessionsvergaben 1.1.4Konzessionsvergaben

Für Auftraggeber besteht auch dann die Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts, wenn es sich bei Ihnen um Konzessionsgeber im Sinne des GWB handelt, die eine Konzession oberhalb des relevanten Schwellenwerts vergeben wollen, für die keine Bereichsausnahme  einschlägig ist.

Anwendungspflicht Vergaberecht - Konzessionsgeber
Anwendungspflicht Vergaberecht - Konzessionsgeber

Öffentlicher Konzessionsgeber

Konzessionsgeber sind

  • öffentliche Auftraggeber (hier: Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder Verbände (vgl. 1.1.1. Anwendungsverpflichtung Vergaberecht), die eine Konzession vergeben,
  • öffentliche Sektorenauftraggeber (vgl. 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben), die einer Sektorentätigkeit nachgehen und im Rahmen dieser eine Konzession zum Zweck der Ausübung der Sektorentätigkeit vergeben oder
  • private Sektorenauftraggeber (vgl. 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben), die einer Sektorentätigkeit nachgehen und im Rahmen dieser eine Konzession zum Zweck der Ausübung der Sektorentätigkeit vergeben.

Konzession

Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

  • mit der Erbringung von Bauleistungen (Baukonzession) oder
  • mit der Erbringung oder Verwaltung von Dienstleistungen (Dienstleistungskonzession)

betrauen.

Bei Konzessionen erfolgt – in Abgrenzung zu entgeltlichen Verträgen – in der Regel keine kostendeckende geldwerte Vergütung. Es handelt sich per definitionem zwar um entgeltliche Verträge, die Entgeltlichkeit entsteht im engeren Sinne jedoch erst nach Leistungserbringung, indem das Betriebsrisiko für die Nutzung des entstandenen Bauwerks oder die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer übergeht. Davon ist auszugehen, sofern unter normalen Bedingungen nicht gewährleistet ist, dass der Konzessionsnehmer aus der Nutzung des Bauwerks bzw. der Verwertung der Dienstleistung seine Investitionskosten und / oder einen Gewinn erwirtschaften kann und der Konzessionsnehmer tatsächlich dem unkalkulierbaren offenen Markt ausgesetzt ist. In Abgrenzung zu Bau- oder Dienstleistungsaufträgen wird dem Konzessionsnehmer also nicht unmittelbar nach Leistungserbringung ein kostendeckendes Entgelt für die erbrachten Leistungen entrichtet. Die Ausübung des Nutzungs- bzw. Verwertungsrechts unterliegt dem Betriebsrisiko des Konzessionsnehmers.

Insbesondere in folgenden Fällen handelt es sich nicht um eine Konzession:

  • Erteilung von Genehmigungen oder Lizenzen für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit,
  • Zurverfügungstellung des Rechts zur privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Nutzung öffentlicher Bereiche oder Ressourcen oder
  • Finanzierung von Tätigkeiten, die regelmäßig die Pflicht der Rückzahlung erhaltener Beträge nach sich ziehen, wenn diese nicht bestimmungsgemäß verwendet werden.

Baukonzession. Im Fall einer Baukonzession wird der Konzessionsnehmer mit der Erbringung von Bauleistungen betraut. Die Gegenleistung des Konzessionsgebers besteht für gewöhnlich darin, dass er dem Konzessionsnehmer das Nutzungsrecht an dem Gebäude überlässt, ggf. noch ergänzend hierzu eine Zahlung leistet. Ein kompletter Eigentumsübergang auf den Konzessionsgeber ist insofern jedoch nicht erforderlich.

Dienstleistungskonzession. Im Fall einer Dienstleistungskonzession wird der Konzessionsgeber mit der Erbringung und Verwaltung von Dienstleistungen betraut. Die Gegenleistung des Konzessionsgebers besteht für gewöhnlich darin, dass er dem Konzessionsnehmer das Recht zur Verwertung der Dienstleistung überlässt, ggf. noch ergänzend hierzu eine Zahlung leistet.

Rechtsvorschriften

GWB § 105 Konzessionen

Erreichen des relevanten Schwellenwerts

Ein Konzessionsgeber, der eine Konzession zu vergeben hat, muss nur dann das EU-Vergaberecht anwenden, wenn die relevanten EU-Schwellenwerte, die für Konzessionsgeber in Bezug auf Konzessionen (Bau- oder Dienstleistungskonzessionen) gelten, überschritten sind.

Berechnung des Auftragswertes. Die Methode zur Berechnung des Auftragswertes wurde bereits dargestellt (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben).

Aktuelle Schwellenwerte. Die aktuellen Schwellenwerte gestalten sich für Konzessionsgeber wie folgt:

  • Bau-, Liefer- und Dienstleistungskonzessionen: 5.350.000,00 Euro

Keine Ausnahme

Neben den allgemeinen Ausnahmetatbeständen (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben) sieht das GWB im Fall des Konzessionsauftraggebers weitere Ausnahmetatbestande vor:

  • besondere Ausnahmen und
  • besondere Ausnahmen für die Vergabe von Konzessionen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (auf diese Ausnahmen soll an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangenen werden).

Besondere Ausnahmen. Das Vergaberecht findet keine Anwendung, wenn es sich bei der zu vergebenden Leistung um

  • Konzessionen zu Rechtsleistungen,
  • Konzessionen zu Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen,
  • Konzessionen zu audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten,
  • Konzessionen zu finanziellen Dienstleistungen,
  • Konzessionen zu Kredite und Darlehen,
  • Dienstleistungskonzessionen, die an einen anderen Konzessionsauftraggeber vergeben werden, der ein ausschließliches Recht hat und der fragliche Auftrag aufgrund eines ausschließlichen Rechts vergeben wird,
  • Dienstleistungskonzessionen, die an ein Unternehmen aufgrund eines ausschließlichen Rechts vergeben werden, das diesem im Einklang mit den nationalen und unionsrechtlichen Rechtsvorschriften gewährt wurde (ausgenommen Dienstleistungskonzessionen für Tätigkeiten, für welche die Unionsvorschriften keine branchenspezifischen Transparenzverpflichtungen vorsehen),
  • Konzessionen, die hauptsächlich dazu dienen, dem Konzessionsgeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen,
  • Konzessionen im Bereich Wasser, die entweder die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser oder die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netzen betreffen oder mit einer solchen Tätigkeit im Zusammenhang stehen und einen speziellen Gegenstand haben (Wasserbau-, Bewässerungs- und Entwässerungsvorhaben, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der Gesamtwassermenge ausmacht oder Abwasserbeseitigung oder -behandlung),
  • Dienstleistungskonzessionen zu Lotteriedienstleistungen, die einem Unternehmen auf Grundlage eines ausschließlichen Rechts gewährt werden,
  • Konzessionen, die ein Konzessionsgeber im Sektorenbereich außerhalb der europäischen Union und zur Nutzung außerhalb der europäischen Union vergibt oder
  • Konzessionen, die im Bereich der Luftverkehrsdienste auf Grundlage der Erteilung einer Betriebsgenehmigung vergeben werden bzw. Konzessionen, die die Beförderung von Personen im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes betreffen,

handelt.

1.1.5Vergaben von Zuwendungsempfängern 1.1.5Vergaben von Zuwendungsempfängern

Zuwendungsrechtliche Anwendungsverpflichtung des Vergaberechts

Bei Zuwendungsempfängern handelt es sich um natürliche oder juristische Personen, die per se kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts sein müssen. Dennoch besteht in bestimmten Fällen auch für Zuwendungsempfänger die Verpflichtung zur Einhaltung vergaberechtlicher Regelungen aus dem Zuwendungsbescheid bzw. dessen Nebenbestimmungen oder der Zuwendungsvereinbarung. (vgl. 1.6.1. Zuwendungsrechtliche Anwendungsverpflichtung Vergaberecht)

Die Auferlegung dieser Vergabepflichten macht aus dem Zuwendungsempfänger jedoch keinen öffentlichen Auftraggeber. Sofern es sich bei dem fragliche Auftraggeber um einen öffentlichen Auftraggeber (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben), einen Sektorenauftraggeber (vgl. 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben) oder einen Konzessionsauftraggeber (vgl. 1.1.4. Konzessionsvergaben) im Sinne des GWB handelt, der einen öffentlichen Auftrag oberhalb der relevanten Schwellenwerte vergeben will und sofern keine gesetzlich vorgesehene Ausnahme vorliegt, ist dieser auch ohne eine entsprechende Verpflichtung im Bewilligungsbescheid bzw. der Zuwendungsvereinbarung zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet.

Im Falle des Verstoßes gegen die Auferlegten Vergabepflichten droht – ganz oder teilweise – der Widerruf des Bewilligungsbescheides und die Rückforderung der zugewendeten Mittel (vgl. 1.6.3. Widerruf Bewilligungsbescheides und Rückforderung von Mitteln).

Rechtsvorschriften

GWB § 98 Auftraggeber

Rechtsschutzmöglichkeiten

Die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen unterliegt der Nachprüfung durch die Vergabekammern, sog. Primärrechtsschutz (vgl. 1.6.2. Rechtsschutzmöglichkeiten; 1.5. Rechtsschutz). Ein solcher öffentlicher Auftrag liegt vor, wenn es sich um einen entgeltlichen Vertrag zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistung, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben, handelt.

Sofern sich die Verpflichtung zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen ausschließlich aus dem Bewilligungsbescheid oder der Zuwendungsvereinbarung ergibt – es sich bei dem Zuwendungsempfänger also nicht um einen Auftraggeber im Sinne des GWB handelt –, steht Bietern, die sich an durch solche Zuwendungsempfänger organisierten Vergabeverfahren beteiligt haben, der Rechtsweg vor den Vergabekammern nicht offen (vgl. 1.6.2. Rechtsschutzmöglichkeiten).

Wenn der Zuwendungsempfänger jedoch auch ohne eine entsprechende zuwendungsrechtliche Anwendungsverpflichtung aufgrund seiner Eigenschaft als Auftraggeber im Sinne des GWB zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen verpflichtet ist, steht den betroffenen Bietern der Rechtsweg vor den Vergabekammern offen (vgl. 1.6.2. Rechtsschutzmöglichkeiten).

Klageverfahren bei Widerruf

Im Fall des Widerrufs des Bewilligungsbescheides steht dem Zuwendungsempfänger der Verwaltungsrechtsweg offen. Statthaft ist in diesem Fall die Erhebung einer sog. Anfechtungsklage (vgl. 1.6.4. Widerspruch und Klageverfahren bei Rückforderung).

1.1.6Unterschwellenvergaben 1.1.6Unterschwellenvergaben

Die Vergabe im Unterschwellenbereich wird durch das jeweils für den öffentlichen Auftraggeber geltende Haushaltsrecht geregelt, vgl. § 55 BHO. Hierneben finden die

  • VOB/A bzw.
  • VOL/A

regelmäßig Anwendung.

Vergabe im Unterschwellenbereich nach VOL/A

Die Vergabe im Unterschwellenbereich nach VOL/A findet Anwendung auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Leistungen (Lieferungen und Dienstleistungen). Die Regelungen der VOL/A gelten nicht für die Vergabe von Bauleistungen oder die Vergabe freiberuflicher Tätigkeiten.

Im Unterschwellenbereich kommt das erleichterte Vergaberecht im Oberschwellenbereich (insbesondere: Wahlrecht des öffentlichen Auftraggebers zwischen offenem und nichtoffenem Verfahren) nicht zum Tragen; öffentliche Auftraggeber müssen grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung (offenes Verfahren) durchführen. Lediglich in gesetzlich definierten Ausnahmefällen dürfen eine beschränkte Ausschreibung mit bzw. ohne Teilnahmewettbewerb oder eine freihändige Vergabe erfolgen.

Vergabe im Unterschwellenbereich nach VOB/A

Die Vergabe im Unterschwellenbereich nach VOB/A findet Anwendung auf Bauleistungen. Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.

Im Unterschwellenbereich kommt das erleichterte Vergaberecht im Oberschwellenbereich (insbesondere: Wahlrecht des öffentlichen Auftraggebers zwischen offenem und nichtoffenem Verfahren) nicht zum Tragen; öffentliche Auftraggeber müssen grundsätzliche eine öffentliche Ausschreibung (offenes Verfahren) durchführen. Lediglich in gesetzlich definierten Ausnahmefällen dürfen eine beschränkte Ausschreibung, eine beschränkte Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb oder eine freihändige Vergabe erfolgen.

Landesrechtliche Sondervorschriften

Sofern das jeweilige Landesrecht keinen Verweis auf die VOB/A und VOL/A zur Regelung der Vergabeverfahren vorsieht, muss der Gesetzgeber eine Alternative schaffen, da zwingend die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zum Abschluss von Verträgen vorgesehen ist.

Die Landesvergabegesetze haben im Wesentlichen die folgenden Inhalte:

  • Regelung des Vergaberechts im Unterschwellenbereich inklusive der Ausweitung der Transparenz unterschwelliger Vergabeverfahren
  • Rechtsschutz im Unterschwellenbereich
  • Vergabefremde / strategische Ziele
    • Umweltschutz / Energieeffizienz
    • Einhaltung der Mindestvergütung / Tariftreue / ILO-Kernarbeitsnorme