Überblick
Das Zuwendungsrecht und das Vergaberecht haben beide ihren Ursprung im Haushaltsrecht. Daraus ergibt sich auch das gemeinsame Ziel beider Vorschriften: Sparsamer und wirtschaftlicher Umgang mit den Mitteln.
Zuwendungen sind Leistungen
- der EU,
- des Bundes bzw.
- des Landes
an Stellen außerhalb der Bundes- bzw. Landesverwaltung. Zuwendungsempfänger müssen nicht zwingend öffentliche Auftraggeber sein. Vielmehr kann es sich bei ihnen auch um private Auftraggeber handeln. Dennoch besteht für die Zuwendungsempfänger aus den Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides regelmäßig die Verpflichtung, vergaberechtliche Vorschriften zu beachten.
Zuwendungen sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen der EU, des Bundes bzw. des Landes an Stellen außerhalb der Bundes- bzw. Landesverwaltung. Bei Zuwendungsempfängern handelt es sich um natürliche oder juristische Personen, die per se kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts sein müssen. Dennoch besteht in bestimmten Fällen auch für Zuwendungsempfänger die Verpflichtung zur Einhaltung vergaberechtlicher Regelungen aus dem Zuwendungs- / Bewilligungsbescheid (= begünstigender Verwaltungsakt) bzw. dessen Nebenbestimmungen oder der Zuwendungsvereinbarung.
Anwendungsverpflichtung Vergaberecht
Regelmäßig werden solchen natürlichen oder juristischen Personen im Fall von Zuwendungen im Zuwendungsbescheid – und dort häufig durch Verweis in den Nebenregelungen des Zuwendungsbescheides (in der Regel Einbeziehung der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderrung, sog. „ANBest-P“, oder der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung, sog. „ANBest-I“) oder in der Zuwendungsvereinbarung – diverse Vergabepflichten auferlegt.
Die Auferlegung dieser Vergabepflichten macht aus dem Zuwendungsempfänger jedoch keinen öffentlichen Auftraggeber.
Es ist jedoch auch möglich, dass der fragliche Auftraggeber auch ohne die Auferlegung von Vergabepflichten durch den Bewilligungsbescheid bzw. die Zuwendungsvereinbarung ohnehin zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet ist. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei ihm um einen öffentlichen Auftraggeber (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben), einen Sektorenauftraggeber (vgl. 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben) oder einen Konzessionsauftraggeber (vgl. 1.1.4. Konzessionsvergaben) im Sinne des GWB handelt, der einen öffentlichen Auftrag oberhalb der relevanten Schwellenwerte vergeben will und keine gesetzlich vorgesehene Ausnahme vorliegt (vgl. 1.1. Anwendung des Vergaberechts).
Dokumentationspflichten
Neben der Verpflichtung der Einhaltung vergaberechtlicher Regelungen wird dem Zuwendungsempfänger im Bewilligungsbescheid regelmäßig eine besondere Dokumentationspflicht auferlegt, nämlich die Fertigung eines Verwendungsnachweises. Dieser dient der Nachvollziehbarkeit der ordnungsgemäßen Verwendung der zugewendeten Mittel und der Prüfung der bewilligten Mittel. Dieser Verwendungsnachweis setzt sich in der Regel (je nach Festsetzung des Zuwendungsgebers) zusammen aus:
- dem Nachweis der Verwendung,
- dem zahlenmäßigen Nachweis,
- den Originalbelegen (Verträge, Rechnungen etc.) sowie
- einem Sachbericht (im Fall der Verpflichtung zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen inklusive eines Vergabevermerks (vgl. 1.2.1. Dokumentation; 1.2.2. Vergabevermerk).
Regelmäßig wird im Zuwendungsbescheid eine Frist für die Einreichung des Verwendungsnachweises festgesetzt.
Rechtsvorschriften
Bietern in einem Vergabeverfahren, das durch einen Zuwendungsempfänger durchgeführt wird, stehen unterschiedliche Rechtsschutzmöglichkeiten offen.
In erster Linie ist hierbei danach zu differenzieren, ob dem Zuwendungsempfänger vergaberechtlicher Pflichten lediglich im Bewilligungsbescheid bzw. der Zuwendungsvereinbarung auferlegt wurden oder ob er an diese bereits deshalb gebunden ist, weil es sich bei ihm auch unabhängig von dem Bewilligungsbescheid bzw. der Zuwendungsvereinbarung um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des GWB handelt.
Primärrechtsschutz: Nachprüfungsverfahren
Die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen unterliegt der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Ein öffentlicher Auftrag liegt vor, wenn es sich um einen entgeltlichen Vertrag zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistung, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben, handelt.
Ein öffentlicher Auftrag liegt somit nicht vor, wenn es sich bei dem fraglichen Auftraggeber nicht um einen öffentlichen Auftraggeber (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben), einen Sektorenauftraggeber (vgl. 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben) oder einen Konzessionsauftraggeber (vgl. 1.1.4. Konzessionsvergaben) im Sinne des GWB handelt, sondern um eine Stelle, die über eine entsprechende Verpflichtung im Zuwendungsbescheid an vergaberechtliche Vorschriften gebunden ist. Eine solche Auferlegung vergaberechtlicher Pflichten macht aus einem Zuwendungsempfänger, der per se kein Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts ist, keinen solchen Auftraggeber im Sinne des GWB.
Rechtsschutz im Fall privater Auftraggeber. Bietern, die sich an Vergabeverfahren beteiligten, die durch Zuwendungsempfänger durchgeführt werden, steht somit der Rechtsweg vor den Vergabekammern nicht offen, wenn es sich bei dem Zuwendungsempfänger um einen privaten Auftraggeber handelt, der nur aus dem Zuwendungsbescheid zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen verpflichtet ist . Zuwendungsempfängern, die die Ihnen auferlegten Vergabepflichten nicht einhalten, droht jedoch seitens des Zuwendungsgebers der Widerruf des Zuwendungsbescheids. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Zuwendungsgeber durch einen sich benachteiligt fühlenden Bieter auf die Unregelmäßigkeiten hingewiesen wird. Primärrechtsschutz im klassischen Sinne, also der Rechtsschutz vor den Vergabekammern, steht Bietern in einer solchen Situation jedoch nicht offen.
Rechtsschutz im Fall öffentlicher Auftraggeber. Sofern der Zuwendungsempfänger jedoch auch ohne die entsprechende Verpflichtung zur Einhaltung des Vergaberechts ein Auftraggeber im Sinne des GWB ist, steht dem betroffenen Bieter der Rechtsweg vor den Vergabekammern zur Geltendmachung etwaiger Rechtsverletzungen offen (vgl. 1.5. Rechtsschutz).
Rechtsvorschriften
Sekundärrechtsschutz: Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
Auch hinsichtlich der Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist zwischen öffentlichen und privaten Auftraggebern zu unterscheiden.
Neben einem möglichen Primärrechtsschutz steht Bietern, die sich an einem Vergabeverfahren beteiligen, das von einem Auftraggeber durchgeführt wird, der Auftraggeber im Sinne des GWB ist und mithin auch ohne mögliche Verpflichtungen in einem Bewilligungsbescheid bzw. der Zuwendungsvereinbarung an vergaberechtliche Pflichten gebunden ist, die Möglichkeit offen, Schadensersatzansprüche, die ihnen aus der möglichen Verletzung des Vergaberechts erwachsen sind, zivilrechtlich geltend zu machen (vgl. 1.5. Rechtsschutz).
Im Übrigen sind allenfalls zivilrechtliche Ansprüche aus der sogenannten culpa in contrahendo (c.i.c.) denkbar.
Wenn der Zuwendungsempfänger gegen eine im Zuwendungsbescheid benannte Auflage, insbesondere zur Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften bei der Vergabe der Aufträge, verstoßen hat, § 49 VwVfG, kann die Bewilligungsbehörde einen Bewilligungsbescheid binnen Jahresfrist ab Kenntnis aller zum Widerruf berechtigender und für die Ermessensentscheidung relevanten Tatsachen widerrufen.
Der Bewilligungsbehörde steht insofern Ermessen bei der Entscheidung zu, ob der Bewilligungsbescheid – ganz oder teilweise – widerrufen wird und mithin die zugewendeten Mittel – ebenfalls ganz oder teilweise – zurückgefordert werden. Zunächst überprüft die Bewilligungsbehörde regelmäßig, ob ein schwerwiegender Verstoß gegen das Vergaberecht vorliegt, zu dessen Einhaltung der Zuwendungsempfänger regelmäßig aus dem Zuwendungsbescheid bzw. dessen Nebenbestimmungen oder der Zuwendungsvereinbarung verpflichtet wurde. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn durch den Verstoß ein wirtschaftlicher Nachteil für die öffentliche Hand entstanden ist oder ein fundamentaler Verstoß gegen vergaberechtliche Prinzipien vorliegt. Sofern ein Verstoß gegen Auflagen aus dem Zuwendungsbescheid vorliegt, obliegt der Behörde regelmäßig lediglich ein sog. intendiertes Ermessen. Das bedeutet, dass das Ermessen der Behörde für den Fall eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Auflagen regelmäßig auf null reduziert ist und nur ein Widerruf des Bewilligungsbescheides als ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht kommt. Eine Ermessensentscheidung ist von der zuständigen Behörde in jedem Fall zu treffen; auch im Fall schwerwiegender Verstöße ist eine Abwägung zu treffen.
Bevor ein Zuwendungsbescheid widerrufen werden darf, ist der Zuwendungsempfänger durch die Bewilligungsbehörde zwingend anzuhören, § 28 VwVfG. Die wirtschaftlichen Folgen eines Widerrufs oder die subjektive Komponente für den Zuwendungsempfänger sind insofern nicht von Bedeutung.
Als schwerwiegende Verstöße gegen die Auflagen im Zuwendungsbescheid kommen insbesondere die folgenden Vergabefehler in Betracht, die dann in der Regel – auf Grundlage einer Ermessensentscheidung – zum Widerruf des Bewilligungsbescheids und zur Rückforderung der zugewendeten Mittel führen:
- Fehler im Rahmen der Vergabevorbereitung,
- Fehler in der Leistungsbeschreibung,
- Fehler im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs oder der Angebotsphase oder
- Dokumentationsfehler.
Gegen den Widerruf eines Verwaltungsaktes, also den Widerruf des Bewilligungsbescheides und den Rückruf von Mitteln steht dem Zuwendungsempfänger der Verwaltungsrechtsweg offen, § 45 VwGO.
Der Verwaltungsrechtsweg steht dem Zuwendungsempfänger grundsätzlich offen, da insofern streitig ist, ob der fragliche Verwaltungsakt nach den Regelungen des VwVfG widerrufen werden durfte und es sich hierbei um öffentlich-rechtliche Vorschriften handelt, für die ein Zivil- oder Strafgericht oder eine Vergabekammer sachlich nicht zuständig ist, § 40 VwGO.
In einigen Bundesländern ist vor Erhebung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht ein sog. Widerspruchsverfahren durchzuführen, § 68 VwGO. Das sogenannte Widerspruchs- oder Vorverfahren dient dazu, eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Nach Einreichung des Widerspruchs durch den Zuwendungsempfänger hat die Bewilligungsbehörde die Möglichkeit, die von ihr getroffene Entscheidung erneut zu überprüfen. Sofern ein Vorverfahren durchzuführen ist, muss der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerrufs schriftlich bei der zuständigen Behörde eingereicht werden, § 70 Abs. 1 VwGO. Der Widerspruch muss inhaltlich nicht zwingend begründet werden; es muss lediglich erkennbar sein, gegen welche behördliche Entscheidung der Widerspruch sich richtet und dass der Adressat dieser Entscheidung mit der behördlichen Entscheidung nicht einverstanden ist und deren erneute Überprüfung verlangt. Sofern dies landesrechtlich so geregelt ist, ist die Durchführung eines Vorverfahrens Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage.
Sofern der Zuwendungsempfänger sich gegen den Widerruf des Bewilligungsbescheides richten möchte, steht ihm hierfür – ggf. nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens – die Erhebung einer Anfechtungsklage, gerichtet auf die Rücknahme des Widerrufes, offen, §§ 42 Abs. 1 Var. 1, 88 VwGO. Wenn nämlich der Widerruf des Bewilligungsbescheides aus der Welt ist, also dieser Verwaltungsakt aufgehoben ist, lebt der ursprüngliche Bewilligungsbescheid wieder auf.
Der Zuwendungsempfänger muss insofern vor Gericht geltend machen, dass der Widerruf des Bewilligungsbescheides ihn in seinen Rechten verletzt. Anders als im Zivilprozess besteht im Verwaltungsgerichtsverfahren der sog. Amtsermittlungsgrundsatz. Dies bedeutet für den Zuwendungsempfänger und Kläger, dass der Spruchkörper alle verfahrensrelevanten Umstände auch ohne expliziten Parteivortrag ermitteln und berücksichtigen muss.
Die Anfechtungsklage ist begründet und führt mithin zum Obsiegen des Zuwendungsempfängers, wenn der Widerruf des Bewilligungsbescheides rechtswidrig ist und der Zuwendungsempfänger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 VwGO.
Eine verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage ist – sofern eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung im Widerruf erfolgt ist, § 58 VwGO – binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchbescheids bzw. nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts (hier: Widerruf des Bewilligungsbescheids) erhoben werden, § 74 VwGO.