Überblick
Oftmals befinden sich Auftraggeber in der Situation, dass sich der Beschaffungsbedarf während der Auftragsausführung verändert. Während kleinere quantitative Änderungen über Nachträge abgewickelt werden können, kommt es immer wieder vor, dass im Laufe der Auftragsdurchführung größere Anpassungen erforderlich werden. In diesen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die geplanten Änderungen über bestehende Verträge abgewickelt werden können oder ob eine neue Ausschreibung erfolgen muss. Auch Veränderungen beim Auftragnehmer können vergaberechtliche Fragestellungen auf den Plan rufen.
Gerade bei längerfristigen Beschaffungen besteht stets das Risiko, dass sich die Gegebenheiten verändern und Anpassungen des ursprünglich vergebenen Auftrages erforderlich werden.
Solche Entwicklungen können verschiedenste Ursachen haben: Unvorhergesehene Umstände, die den Bedarf plötzlich verändern oder zusätzliche Leistungen erforderlich machen, treten in der Praxis immer wieder auf. Möglicherweise hat auch eine (geplante) Gesetzesänderung ein neues Anforderungsprofil an die zu beschaffenden Produkte zur Folge oder verwaltungsinterne Entscheidungen führen zu entsprechendem Anpassungsbedarf. Die häufigste Fehlerquelle besteht letztendlich darin, dass zum Zeitpunkt der Konzeptionierung der Vergabeunterlagen nicht alle Umstände bedacht wurden, die für die spätere Vertragsausführung wesentlich sind.
Das Vergaberecht sieht vor, dass es in der Regel eines neuen Vergabeverfahrens bedarf, wenn sich wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit ergeben.
Wesentlich ist eine Änderung, die dazu führt, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
- Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten, die Zulassung anderer Unternehmen ermöglicht hätten, die Annahme eines anderen Angebotes ermöglicht hätten oder das Interesse weiterer Unternehmen an der Teilnahme am Vergabeverfahren geweckt hätte.
- das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrages in einer Weise, die nicht vorgesehen war, zugunsten des Auftragnehmers verschoben wird.
- sich der Umfang des öffentlichen Auftrages erheblich ausweitet.
- ein neuer Auftragnehmer den ursprünglichen Auftragnehmer ersetzt.
Durch die Formulierung im Gesetz („insbesondere“) wird klargestellt, dass auch weitere, nicht aufgeführte Auftragsänderungen wesentlich sein können. Bei der Beurteilung, ob eine Auftragsänderung als wesentlich angesehen werden kann oder muss, ist daher vom Auftraggeber im Einzelfall eine entsprechende Ermessensentscheidung zu treffen, die zu dokumentieren ist.
Rechtsvorschriften
Erhebliche Unterscheidung vom ursprünglich vergebenen Auftrag
Der ursprüngliche Auftrag definiert sich über die Leistungsbeschreibung in den Vergabeunterlagen. Sofern von den ursprünglichen Festlegungen abgewichen wird und hiermit eine erhebliche Veränderung, insbesondere in Bezug auf die Art und den Umfang des Auftrages, einhergeht, liegt eine erhebliche Unterscheidung vom ursprünglich vergebenen Auftrag vor.
Dies betrifft insbesondere Änderungen, die den Umfang und die inhaltliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien betreffen. Derartige Änderungen spiegeln die Absicht der Parteien, wesentliche Bedingungen des betreffenden Auftrags neu zu verhandeln.
Wann erhebliche Unterscheidungen vorliegen, die zu einer wesentlichen Änderung eines öffentlichen Auftrages führen, muss durch den Auftraggeber im Wege einer Ermessensentscheidung bestimmt werden. Das Gesetz zählt einige Gründe auf, die stets zu einer wesentlichen Änderung und damit grundsätzlich zur Neuausschreibungspflicht führen.
Rechtsvorschriften
Bedingung eingeführt, die zu anderen Bietern / Zuschlagserteilung geführt hätten (Nr. 1)
Zunächst benennt der Gesetzgeber Gründe, die die Chancengleichheit der Unternehmen schützen sollen. Dabei wird erforscht, ob ein etwaiges Vergabeverfahren, das unter den nunmehr geänderten Bedingungen durchgeführt worden wäre, ggf. zu einer anderen Vergabeentscheidung hätte führen können.
Relevant sind daher solche Änderungen, die Bedingungen schaffen, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,
- die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten,
- die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten oder
- das Interesse weiterer Unternehmen am Vergabeverfahren geweckt hätten.
Es kommt daher für die Wesentlichkeit einer Änderung nicht darauf an, ob der Zuschlag tatsächlich auf ein anderes Angebote erteilt worden wäre; es genügt vielmehr die theoretische Möglichkeit, dass sich weitere Unternehmen am Verfahren hätten beteiligen können.
Die Hürde zur Ausschreibungspflicht ist somit, insbesondere in Bezug auf den dritten Punkt, der ein abstraktes Interesse als ausreichend definiert, sehr niedrig. Entsprechend genau hat der Auftraggeber zu begründen, warum im Einzelfall eine Änderung ohne Neuausschreibung zulässig ist.
Rechtsvorschriften
Wirtschaftliches Gleichgewicht zugunsten des Auftragnehmers verschoben (Nr. 2)
Auch der zweite gesetzlich normierte Fall betrifft die Chancengleichheit. Danach liegt eine wesentliche Änderung vor, wenn mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war.
Der Gesetzgeber möchte hierdurch verhindern, dass das bezuschlagte Unternehmen im Nachhinein keine besseren Konditionen erhält, als es ursprünglich vorgesehen war. Hintergrund dieser Regelung ist vor allem, dass sich ggf. auch weitere Unternehmen um den Auftrag bemüht hätten, wenn ihnen von vorn herein günstigere Konditionen in Aussicht gestellt worden wären. Außerdem wird mittelbar der öffentliche Auftraggeber selbst geschützt, dem eine wirtschaftliche Beschaffung stets ermöglicht werden soll.
Rechtsvorschriften
Umfang erheblich ausgeweitet (Nr. 3)
Der dritte gesetzlich geregelte Fall betrifft den Umfang des öffentlichen Auftrages. Eine wesentliche Änderung liegt danach vor, wenn mit der Änderung der Umfang des öffentlichen Auftrags erheblich ausgeweitet wird.
Eine bestimmte Schwelle, wann von einer erheblichen Ausweitung des Umfanges ausgegangen werden kann, wird zwar nicht explizit genannt; es werden jedoch im Gesetz Schwellen genannt bis zu denen auf eine erneute Ausschreibung verzichtet werden kann. Im Wege eines Umkehrschlusses lässt sich hieraus ableiten, ab wann von einer erheblichen Abweichung in Bezug auf den Umfang ausgegangen werden kann (vgl. 3.2.3. Ausnahme 2: Geringfügige Änderungen – Schwellenwertunterschreitung / 10 %- bzw. 15 %-Klausel).
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Neuer Auftragnehmer ersetzt den ursprünglichen Auftragnehmer (Nr. 4)
Als letztes Regelbeispiel nennt der Gesetzgeber den Fall, dass der durch Zuschlag gebundene Auftragnehmer durch einen anderen Auftragnehmer ersetzt wird. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass ein Unternehmen, das sich nicht in einem geordneten Vergabeverfahren als Sieger hervorgetan hat, einen ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrag erhält.
Gleichzeitig soll gewährleistet werden, dass durch die Pflicht zur erneuten Ausschreibung sämtliche Unternehmen gleichberechtigt die Chance erhalten, den öffentlichen Auftrag im Wege eines transparenten Verfahrens zu erhalten.
Vom Grundsatz der Erforderlichkeit eines neuen Vergabeverfahrens gibt es Ausnahmen. Der Gesetzgeber hat hierzu Ausnahmetatbestände kodifiziert, die eine erneute Ausschreibungspflicht in bestimmten Fällen – trotz des Vorliegens wesentlicher Auftragsänderungen – entfallen lassen.
Überprüfungsklauseln oder Optionen (Nr. 1)
Zunächst werden diejenigen Fälle von der erneuten Ausschreibungspflicht befreit, die der Auftraggeber im Wege der ursprünglichen Ausschreibung über Überprüfungsklauseln und Optionen bereits im Vorfeld transparent gegenüber allen interessierten Unternehmen kommuniziert hat.
Eine Änderung des öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist danach zulässig, wenn in den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert.
Sofern ein Auftraggeber von vorn herein nicht sicher ist, ob es ggf. zu Auftragserweiterungen kommt, solche aber nicht ausgeschlossen werden können und dem Umfang nach abschätzbar sind, wird er durch entsprechende Optionen einen etwaigen Mehrbedarf bereits im Vorfeld zum Teil der Ausschreibung machen. Dieses Vorgehen bietet, sofern sich später ein Mehrbedarf zeigt, größtmögliche Flexibilität.
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Zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen (Nr. 2)
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber einen Ausnahmetatbestand normiert, der es dem Auftraggeber auch ohne erneute Ausschreibung erlaubt, gewisse zusätzliche Leistungen zu beauftragen, sofern es aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen geboten erscheint. Gemeint sind damit vor allem solche Fälle, in denen nur der Auftragnehmer die zusätzlich erforderlich gewordenen Leistungen wirtschaftlich und technisch erbringen kann:
Eine Änderung des öffentlichen Auftrags ist ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich geworden sind, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des Auftragnehmers
- aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und
- mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den Auftraggeber verbunden wäre.
Eines neuen Vergabeverfahrens bedarf es insbesondere nicht, wenn die zusätzlichen Lieferungen entweder als Teilersatz oder zur Erweiterung bestehender Dienstleistungen, Lieferungen oder Einrichtungen bestimmt sind. Voraussetzung dafür ist, dass ein Wechsel des Lieferanten aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den Auftraggeber verbunden wäre. Dies betrifft zum Beispiel den Fall, dass der Auftraggeber Material, Bau- oder Dienstleistungen mit unterschiedlichen technischen Merkmalen erwerben müsste und dies eine Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Instandhaltung mit sich bringen würde.
Der Wert der Änderung darf hierbei nicht mehr als 50 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes betragen. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen des Auftrages gilt diese Beschränkung für den Wert jeder einzelnen Änderung, sofern die Änderungen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die gesetzlich definierte Obergrenze zu umgehen.
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Nicht vorhersehbare Änderungen (Nr. 3)
Einen weiteren Ausnahmetatbestand bilden unvorhersehbare Änderungen, die der Auftraggeber bei der Vergabe nicht hat bedenken können. Allerdings können nur solche Änderungen zur Begründung einer Auftragsänderung herangezogen werden, die unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt durch den Auftraggeber nicht erkennbar waren und den Gesamtcharakter des Auftrages nicht verändern.
Eine Änderung des öffentlichen Auftrags ist ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens nur dann zulässig, wenn die Änderung gerade durch diese Umständen erforderlich geworden ist. Die unvorhergesehenen Umstände müssen folglich kausal für den Änderungsbedarf sein.
„Unvorhersehbare Umstände“ in diesem Sinne sind Umstände, die auch bei einer nach vernünftigem Ermessen sorgfältigen Vorbereitung der ursprünglichen Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Mittel, der Art und Merkmale des spezifischen Projekts, der bewährten Praxis und der Notwendigkeit, ein angemessenes Verhältnis zwischen den bei der Vorbereitung der Zuschlagserteilung eingesetzten Ressourcen und dem absehbaren Nutzen zu gewährleisten, nicht hätten vorausgesagt werden können.
Gemeint sind hier Fälle, in denen der Auftraggeber mit externen Umständen konfrontiert wird, die er zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht absehen konnte. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Ausführung des Auftrags über einen längeren Zeitraum erstreckt.
Voraussetzung ist allerdings, dass sich mit der Änderung nicht der Gesamtcharakter des gesamten Auftrags ändert, indem beispielsweise die zu beschaffenden Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder indem sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert.
Der Wert der Änderung darf hierbei nicht mehr als 50 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes betragen. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen des Auftrages gilt diese Beschränkung für den Wert jeder einzelnen Änderung, sofern die Änderungen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die gesetzlich definierte Obergrenze zu umgehen.
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Neuer Auftragnehmer ersetzt den bisherigen Auftragnehmer (Nr. 4)
Der vierte und letzte Ausnahmetatbestand beschreibt Fälle, in denen ein Wechsel des Auftragnehmers ausnahmsweise auch ohne erneute Ausschreibung zulässig sein kann.
Eine Änderung des öffentlichen Auftrags ist ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn ein neuer Auftragnehmer den bisherigen Auftragnehmer ersetzt
- aufgrund einer Überprüfungsklausel, die der Auftraggeber im ursprünglichen Vergabeverfahren festgeschrieben hat,
- aufgrund der Tatsache, dass ein anderes Unternehmen, das die ursprünglich festgelegten Anforderungen an die Eignung erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung, wie zum Beispiel durch Übernahme, Zusammenschluss, Erwerb oder Insolvenz, ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen im Sinne des § 132 Absatz 1 GWB zur Folge hat, oder
- aufgrund der Tatsache, dass der Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Hauptauftragnehmers gegenüber seinen Unterauftragnehmern übernimmt.
Damit soll dem erfolgreichen Bieter die Möglichkeit eingeräumt werden, während der Ausführung des Auftrags gewisse interne strukturelle Veränderungen (Wechsel des Auftragnehmers) zu vollziehen, ohne dass deswegen ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss. Dies betrifft zum Beispiel rein interne Umstrukturierungen, Übernahmen, Zusammenschlüsse, Unternehmenskäufe oder Insolvenzen.
Rechtsvorschriften
Die o. g. Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, sondern beispielhaft. So kann z. B. auch eine schuldrechtliche Vertragsübernahme durch eine andere Gesellschaft eine zulässige Umstrukturierung darstellen.
Die zweite Ausnahme regelt eine Grenze für Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit, wonach geringfügige Änderungen des Auftragswerts bis zu einer bestimmten Höhe grundsätzlich zulässig sind, ohne dass ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss.
Eine geringfügige Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderung
- die jeweiligen Schwellenwerte nach § 106 GWB nicht übersteigt und
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
Gesamtcharakter des Auftrags ändert sich nicht
Der Gesamtcharakter des Auftrags darf sich nicht ändern. Eine Änderung des Auftrags liegt beispielsweise vor, wenn die zu beschaffenden Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder indem sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert.
Änderungswert überschreitet den Schwellenwert nach § 106 GWB nicht
Der Wert der Änderung darf den entsprechenden Schwellenwert nach § 106 GWB nicht übersteigen (vgl. 1.1.2. Öffentliche Auftragsvergaben; 1.1.3. Sektorenauftragsvergaben; 1.1.4. Konzessionsvergaben).
10 %- bzw. 15 %-Klausel
Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen darf zusätzlich zur Regelung betreffend der Schwellenwerte gem. § 106 GWB der Wert der Änderung nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes betragen.
Die genannten Prozentsätze beziehen sich jeweils auf die Summe aller Änderungen, sodass eine Umgehung der genannten Werte durch eine aufeinander folgende, stückweise Erhöhung der Volumina ebenso unzulässig ist, wie eine große Erhöhung. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen ist der Gesamtwert der Änderung maßgeblich.
Enthält der Vertrag über den öffentlichen Auftrag eine Indexierungsklausel, also eine Klausel, die Preisschwankungen z. B. durch Inflation Rechnung tragen soll, so wird für die Wertberechnung der angepasste Preis als Referenzwert herangezogen.
Auftragsänderungen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 GWB bezüglich zusätzlicher Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren sowie Änderungen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB, die aufgrund von Umständen erforderlich geworden sind, die der Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, sind im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen (vgl. 2.3.4. Bekanntmachung von Auftragsänderungen).
Angaben zum ursprünglichen Bekanntmachungstext
Entsprechend der Formularstruktur ist zunächst auf die ursprüngliche Bekanntmachung einzugehen.
Auftraggeber: Im ersten Abschnitt sind Name und Adresse des Auftraggebers zu hinterlassen (vgl. 2.3.2. Auftragsbekanntmachung).
Gegenstand: Im zweiten Abschnitt werden Angaben zum Gegenstand verlangt – der Umfang der Beschaffung muss angeben sowie eine Beschreibung vorgenommen werden (vgl. 2.3.2. Auftragsbekanntmachung).
Verfahren: Anzugeben ist unter dem Abschnitt „Verfahren“ nur die Bekanntmachungsnummer im Amtsblatt.
Auftragsvergabe: Im Abschnitt „Auftragsvergabe“ sind Auftragsnummer, Losnummer und die Bezeichnung des Auftrags vorzunehmen. Weiterhin bedarf es Angaben zum Tag des Abschlusses des Vertrags, Angaben zu den Angeboten, Name und Anschrift des Auftragnehmers und Angaben zum Auftrags- bzw. Loswert.
Es steht den Auftraggebern frei, zusätzliche Angaben zu machen. Zwingend erforderlich sind aber wiederum die Angaben unter dem Punkt „Rechtsbehelfsverfahren / Nachprüfungsverfahren“, auch der Tag der Absendung dieser Bekanntmachung ist anzugeben (vgl. 2.3.2. Auftragsbekanntmachung).
Angaben zu den Änderungen des Vertrags
Beschreibung der Beschaffung nach Änderung. Die Beschaffung ist nach der Vornahme der Änderungen zu beschreiben. Hierbei bedarf es der Angabe der CPV-Codes, des Erfüllungsortes (NUTS-Code) (vgl. 2.3.2. Auftragsbekanntmachung) und einer Beschreibung der Beschaffung hinsichtlich Art und Umfang. Die Laufzeit des Vertrages, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems ist in Monaten oder Tagen zu nennen, alternativ können auch die genauen Daten zum Beginn oder Ende angegeben werden. Außerdem sind Angaben zum Gesamtwert des Auftrags oder des Loses sowie der zugrundeliegenden Währung zu machen.
Beschreibung der Änderung / Änderungshistorie. Die Änderung ist zunächst zu beschreiben, wobei Art und Umfang der jeweiligen Änderung bestimmt werden müssen und mögliche frühere Vertragsänderungen auch aufgenommen werden müssen.
Gründe der Änderung. Der Auftraggeber kann zwischen zwei Änderungsgründen auswählen:
- Notwendigkeit zusätzlicher Bauarbeiten, Dienstleistungen oder Lieferungen durch den ursprünglichen Auftragnehmer – es sind die wirtschaftlichen oder technischen Gründe und die Unannehmlichkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten, durch die ein Auftragnehmerwechsel verhindert wird, zu beschreiben.
- Notwendigkeit der Änderung aufgrund von Umständen, die ein Auftraggeber bei aller Umsicht nicht vorhersehen konnte – es sind die Umstände, durch die die Änderung erforderlich wurde sowie die unvorhersehbare Art dieser Umstände zu beschreiben.
Preiserhöhung. Der aktualisierte Gesamtauftragswert vor den Änderungen ist aufzuführen. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang mögliche frühere Vertragsänderungen und Preisanpassungen. Weiterhin ist der Gesamtauftragswert nach den Änderungen anzugeben.
Rechtsvorschriften
Unterlassene Bekanntmachung
Grundsätzlich besteht für den öffentlichen Auftraggeber die Pflicht, die Vergabe eines öffentlichen Auftrags bekanntzugeben, um dem vergaberechtlichen Grundsatz des Wettbewerbs zu gewährleisten. Liegt eine Auftragsänderung vor (vgl. 2.3.1. Vorinformation), muss grundsätzlich ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden, sodass auch insoweit eine Bekanntgabe des neuen Vergabeverfahrens bezüglich der Auftragsänderung veröffentlicht werden muss.
Fehlt es an eben dieser Veröffentlichung, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß gegen die Veröffentlichungspflicht im Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist, ist der öffentliche Auftrag unwirksam. Die Unwirksamkeit bezieht sich dabei auf die Vertragsänderung, weil nur soweit der Vergaberechtsverstoß reicht.