Schwellenwertschätzung bei Rahmenverträgen (§ 21 Abs. 1 S. 2 VgV)
Zur Schätzung und Bekanntgabe der Auftragswerte bei Rahmenverträgen ist gemäß BeckOK Folgendes festzuhalten (Fundstelle: BeckOK Vergaberecht/Wichmann VgV § 21 Rn. 10-12):
Der Auftragswert ist auf der Grundlage des Höchstwertes aller für die Laufzeit der Rahmenvereinbarung geplanten, d.h. nach sorgfältiger Schätzung zu erwartenden Aufträge zu ermitteln (vgl. § 2 Abs. 4 VgV) und bekannt zu geben (vgl. zu Ausnahmen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.3.2012 – Verg 91/11 = BeckRS 2012, 10231). Damit soll den Bietern (insb. Newcomern) im Rahmen des Transparenz- und Wirtschaftlichkeitsgebotes eine belastbare Kalkulationsgrundlage verschafft werden (ähnl. Ziekow/Völlink/ Völlink, § 4 VOL/A, Rn. 4; Müller-Wrede/Poschmann, VOL/A, § 4 VOL/A-EG, Rn. 30, 34 mwN). § 21 Abs. 1 S. 2 VgV stellt ausdrücklich klar, dass das Auftragsvolumen nicht abschließend festzulegen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.3.2012 – Verg 90/11 = IBRRS 2012, 2199). Somit muss sich der Auftraggeber weder nach oben noch nach unten konkret festlegen.
Der Auftraggeber darf auch Leistungen ausschreiben, die er lediglich ergebnisorientiert definiert und in der Menge bestenfalls hochgerechnet (geschätzt), aber nicht in allen Einzelheiten zuvor ermittelt hat (OLG Düsseldorf, Beschl. 21.10.2015 – Verg 28/14 = BeckRS 2015, 18210; OLG Naumburg, Urt. v. 22.1.2002 – 1 U (Kart) 2/01, BeckRS 2002, BeckRS 2002, 30234008). Dabei ist der dem öffentlichen Auftraggeber zumutbare Aufwand bei der Bedarfsermittlung mit Rücksicht auf die Verfahrensbeschleunigung und die begrenzten verwaltungsmäßigen und finanziellen Ressourcen zu beschränken (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2. 12. 2009 - VII-Verg 39/09 = NZBau 2010, NZBAU Jahr 2010 Seite 393 mwN; anders für bestimmte Ausnahmefälle (Streusalzversorgung) OLG Jena, Beschl. v. 22.8.2011 - 9 Verg 2/11; OLG Dresden, Beschl. v. 2.8.2011 - WVerg 4/11 (hier allerdings keine Rahmenvereinbarung); krit. hierzu Laumann/Scharf, VergabeR 2012, 156 (161f.)).
Damit wird dem Auftraggeber ein gewisser Spielraum bei der Angabe zum möglichen Auftragsvolumen eingeräumt. Das macht Sinn, weil das Volumen auf der einen Seite möglicherweise noch nicht bekannt ist und das Institut der Rahmenvereinbarung dem Auftraggeber die Möglichkeit geben soll, auch noch nicht bekannte Bedarfe über eine (ordnungsgemäß ausgeschriebene) Rahmenvereinbarung zu decken. Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen soll schließlich die Unwägbarkeiten hinsichtlich des zukünftigen Bedarfs abdecken (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.11.2011 – Verg 90/11; VK Bund, Beschl. v. 17.3.2014 – VK 2 13/14), mit der Konsequenz, dass gewisse Unsicherheiten für die Angebotskalkulation auftreten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20. 2.2013 – Verg 44/12 = BeckRS 2013, 05999; VK Bund, Beschl. v. 19.09.2014 – VK 1-70/14). Insofern hilft der dem Auftraggeber zur Verfügung stehende Gestaltungsspielraum, eine frühzeitige Überschreitung der möglichen Abrufmengen zu vermeiden (ausführlich Wichmann, VergabeR 2017, 1 (3)). Bei einer Überschreitung wäre der Abruf nicht mehr gedeckt und es läge eine sog. de facto-Vergabe vor.